Melodies Of Atonement
(Progressive Rock | Avantgarde)
Label: InsideOut
Format: (LP)
Release: 30.08.2024
Throw away my outcast
I have to force myself
To reside in the world of the dead
Mit ihrem einzigartigen Sound haben sich die Progressive Metaller LEPROUS vom Underdog über Geheimtipp zur echten Sensation entwickelt. Sie starteten mit ambienten Soundlandschaften, progressiven Arrangements und sogar Post-Black-Metal-Elementen, für die sich auch gerne mal IHSAHN, seines Zeichens Schwager von Frontmann und Keyboarder Einar Solberg, verantwortlich zeichnete.
Deshalb blicke ich immer mit Spannung auf einen neuen Release, denn auch wenn die Norweger ihren Sound gefunden haben, wird dieser stets modifiziert, und so wurden die letzten Alben etwas rockiger. Grundsätzlich behielten LEPROUS ihre Brillanz, doch so manchen wilden, aber kontrollierten Ausbruch wie einst in „Forced Entry“ suchte ich dann doch oft vergebens.
Mit ihrem nun achten Werk „Melodies Of Atonement“ melden sich die fleißigen Norweger zum ersten Mal nicht im Zwei-Jahres-Rhythmus zurück, was aber womöglich auch an Einars Solo-Album liegen mag, das insgesamt noch viel ruhigere Töne anschlug.
Aber genug geredet, denn LEPROUS liefern einmal mehr ab. Der Opener macht mit den ersten Synthesizer-Sounds sogleich klar, mit wem man es zu tun hat, denn die drückenden, modernen Sounds, die dezente Rhythmik von Baard Kolstad und die unverkennbare Stimme von Einar sind sofort erkennbar. Tor Oddmund Suhrke, das letzte verbliebene Gründungsmitglied neben Solberg, bietet seine extravaganten, oft auch dissonanten Riffs, und die Atmosphäre spitzt sich immer weiter zu.
Die Gitarrenarbeit ist wieder metallischer, doch so manches Rock-Riff, in sehr abstrakter Form, sorgt für Abwechslung. Man merkt dem Longplayer an, dass man dieses Mal vor allem den großen Melodien, der Dramatik und den Emotionen noch etwas mehr Raum geben wollte. Eine dichte Atmosphäre bietet auch „Atonement“ mit seinen abgehackten Rhythmen, fetten Synthesizern und einem enormen Spannungsbogen. Da passt es gut, dass man mit „My Specter“ in ambienten Sphären, mit minimalistischer Gitarrenarbeit und zerbrechlicher Stimme abdriftet. Im Finale wird es jedoch wieder dramatisch und schwermütig.
„Like A Sunken Ship“ beginnt zunächst wie Fahrstuhlmusik, trifft dann auf düster eigenwillige Vibes und verführerische Vocal-Lines, bevor sich das Stück zum Heavy Banger samt ein paar fiesen Shouts mausert. Auch das mit saxophonartigen Sounds und Pianoklängen ausgestattete „Faceless“ hat seine Wendungen und Überraschungen, und das theatralische „Starlight“ macht förmlich süchtig und erzeugt wohlige Gänsehaut, wenn Einar seine Stimme erhebt.
Auch das locker-flockige, aber dennoch hypnotisierende und mit Hammondorgel versehen „Limbo“ hat seinen ganz eigenen Charme und zeigt einmal mehr, dass es LEPROUS immer noch schaffen, neue Akzente zu setzen, ohne allzu weit von ihren Wurzeln abzuweichen. So fühlt sich das gesamte Werk wie eine Art Best-Of, aber zugleich auch ein Neuanfang an. LEPROUS stehen weiterhin auf ihrem Zenit und scheinen nicht davon abweichen zu wollen. Deshalb prophezeie ich, dass auch das neunte und zehnte Werk wieder überraschende und doch wohlig vertraute Meisterwerke wie dieses sein werden.