Wenn drei der bekanntesten Death- und Black-Metal-Bands Europas gemeinsam auf Tour gehen und diese auch noch den Namen „Unholy Trinity Tour“ trägt, dann ist klar: Das wird kein gewöhnlicher Konzertabend. Vor der Show in Wien war die Spannung greifbar – sogar religiöse Protestgruppen versammelten sich, was BEHEMOTH später selbst mit einem süffisanten Social-Media-Post dokumentierten. Mit dabei waren neben den polnischen Extrem-Metal-Giganten auch die griechischen Veteranen ROTTING CHRIST sowie die norwegischen Black-Metal-Pioniere SATYRICON.
BEHEMOTH ist eine Ausnahme in meinem musikalischen Repertoire – vermutlich die einzige Black-Metal-Band, die ich regelmäßig höre. Daher war dieser Abend für mich in gewisser Weise ein musikalischer Geschichtsunterricht, denn mit den altbekannten Genre-Schwergewichten ROTTING CHRIST und SATYRICON hatte ich mich bislang kaum beschäftigt.
ROTTING CHRIST stehen kurz vor der Veröffentlichung eines Jubiläumsalbums zum 35-jährigen Bandbestehen – und das merkte man sofort. Von der ersten Sekunde an war eine besondere Atmosphäre spürbar. Unterstützt durch kurze, Spoken-Word-Parts und sakrale Gesten wirkte das Set fast zeremoniell. Auch wenn ich keine Lieder kannte, hatte ich ununterbrochen das Gefühl, Zeuge eines Best-of-Sets zu sein – nicht zuletzt, weil das Publikum auf jede Nummer mit riesiger Energie reagierte. Die Mischung aus neuen Songs und langjährigen Favoriten funktionierte wohl bestens: Besonders „Elthe Kyrie“ und „Societas Satanas“ ließen Circle Pits anschwellen und verliehen dem Auftritt zusätzliche Dynamik. Mit „Grandis Spiritus Diavolos“ fand der intensive, wenn auch kurze Auftritt seinen dramaturgisch perfekten Abschluss.
Die Norweger von SATYRICON übernahmen danach die Bühne und setzten die düstere Stimmung konsequent fort. Ihr Set war geprägt von dichter Atmosphäre, getragen von wuchtigen Riffs und der unverkennbaren Präsenz von Satyr, der mit seiner charismatischen Ausstrahlung den gesamten Raum füllte. Mit den Vocals konnte ich persönlich nicht ganz warm werden – es fehlte mir ein wenig an Tiefe und Ausdruck. Besonders beeindruckend war jedoch, wie mühelos SATYRICON zwischen bedrohlich schleichenden Passagen und plötzlicher Energie wechselten. Klassiker wie „To Your Brethren in the Dark“ oder „Mother North“ sorgten für kollektives Mitsingen. Der Fokus lag klar den älteren Werken – zur offentichtlichen Freude vieler.
Als BEHEMOTH schließlich hinter einem Kabuki-Vorhang ihre Show begannen, war es soweit. Der Stoff fiel, und mit ihrer neuen Single „The Shadow Elite“ vom kommenden Album „The Shit Ov God“ eröffneten sie fulminant. Überraschend war direkt der exzellente Sound – normalerweise bin ich kein großer Fan der Akustik im Gasometer, aber BEHEMOTH klangen an diesem Abend beeindruckend klar und wuchtig.
Mit dem direkt darauffolgenden „Ora Pro Nobis Lucifer“ packte mich die Freude noch direkt im Fotograben – einer meiner Favoriten, der durch den gelungenen Mix besonders intensiv wirkte. Bei „Demigod“ starteten auch die Pyroeffekte, die sich über das restliche Set hinweg steigerten.
Das Bühnenbild war ein düsteres Gesamtkunstwerk: Satanistische Symbolik wohin man blickte, in der Mitte thronte das Schlagzeug, an dessen Front eine gekreuzigte, kopfüber hängende Jesusstatue angebracht war. Diese wurde im Lauf des Konzerts nicht nur einmal mit Fackeln symbolisch entzündet.
Mit „Ov Fire and the Void“ folgte ein weiteres Highlight – das kraftvolle Drumming am Anfang ließ Gänsehaut aufkommen und wurde live perfekt transportiert. Nergal brillierte mit einer charismatischen Performance, ständig in wechselnden Outfits – mal mit Bischofsmütze, mal in zeremonieller Robe. Auch Bassist Orion und Gitarrist Seth zeigten enorme Bühnenpräsenz, mal auf Podesten an den Bühnenrändern, mal in direkter Interaktion mit dem Publikum.
Besonders eindrucksvoll: „Barzabel“, bei dem Nergal sich in päpstlicher Anmutung präsentierte, komplett mit Mitra. Auch die älteren Klassiker kamen nicht zu kurz: „Cursed Angel of Doom“, der erste Song, den die Band je schrieb, sowie „Christgrinding Avenue“, der zuletzt 2009 gespielt wurde, sorgten für Momente die alteingesessene Fans sicherlich freute. Auffällig zurückhaltend hingegen war die Crowd – selten habe ich ein so statisches Publikum erlebt. Vielleicht lag es am höheren Altersdurchschnitt – verglichen mit den Konzerten, auf denen ich sonst unterwegs bin – was der Stimmung in manchen Momenten spürbar die Energie nahm.
Was mir persönlich auch noch fehlte war Material vom letzten Album „Opvs Contra Natvram„. Songs wie „The Deathless Sun“, “Neo-Spartacvs“ oder „Versvs Christvs“ hätten das Set perfekt abgerundet. Die Zugabe folgte trotz fehlender Anfeuerung aus der Menge – kaum Rufe aus dem Publikum, was ehrlich gesagt seltsam wirkte. Bei einer Show dieser Intensität hätte man deutlich mehr Begeisterung erwartet, doch der Funke schien in diesem Moment nicht ganz überzuspringen. Dennoch kehrte die Band zurück mit „O Father O Satan O Sun!“, einem der stärksten Tracks ihres Meisterwerks „The Satanist„. Mit einem letzten „Hail Satan!“ verabschiedeten sich BEHEMOTH passend zum Abend.
Setlist BEHEMOTH:
The Shadow Elite
Ora Pro Nobis Lucifer
Demigod
The Shit Ov God
Blow Your Trumpets Gabriel
Conquer All
Ov Fire And the Void
Christgrinding Avenue
Bartzabel
Solve
Wolves Ov Siberia
Once Upon A Pale Horse
Christians To The Lions
Cursed Angel Of Doom
Chant For Eschaton 2000
O Father O Satan O Sun!
Alles in allem war es ein starker Konzertabend mit drei hochkarätigen Bands, eindrucksvollen Performances und aufwendiger Inszenierung. Dennoch blieb ein gewisses Unbehagen, denn die Crowd verhielt sich über weite Strecken überraschend passiv. Besonders beim Headliner BEHEMOTH fehlten Moshpits, Crowdsurfer oder größere Reaktionen – was angesichts der Wucht und Qualität der Show etwas schade war. Die Zurückhaltung des Publikums stand in auffälligem Kontrast zur Energie auf der Bühne. Trotzdem bleibt der Abend in Erinnerung – als intensives, atmosphärisch dichtes Konzerterlebnis mit dem gewissen Hauch Dunkelheit. – eine Tour, die Europa in den kommenden Wochen noch in Flammen setzen dürfte.