Defiance
(Melodic Death Metal)
Label: Testimony Records
Format: (LP)
Release: 13.06.2025
Melodic Death Metal in Deutschland ist wahrlich am aufsteigenden Ast. Haben vor kurzem noch die Genregrößen von DESERTED FEAR ihr neues Album auf den Markt geworfen, ziehen NIGHTBEARER aus Paderborn mit ihrem dritten Longplayer „Defiance“ gleich nach. Und wie sie das tun!
Ein sachtes akustisches Intro führt in das neue Album ein, bis nach knapp 50 Sekunden der wahre Opener „His Dark Materials“ alles abreißt. Ein infernaler Schrei und wilde Tremolos starten die Black Metal Vibes bevor der Song in herrliche HM-2 Riffs übergeht. Mit voller Wucht schlägt der Elchtod der Marke AT THE GATES zu und leitet in eine fast überirdisch gute Bridge. Die bewussten Spielerein mit herausragenden Leadmelodien beherrschen NIGHTBEARER wie kaum jemand anderer derzeit, und machen ihren Sound tatsächlich speziell. Sie ziehen sich durch das gesamte Album und zeigen eine Band, die es schafft, Ohrwurm-Melodien ohne hörbaren Übergang in brachiale Härte einzubauen.
„His Dark Materials” ist nicht nur ein herausragender Opener, sondern auch der erste „Hit“ des Albums, der im Gehörgang haften bleibt. Weiter geht es mit dem Titelsong, der stark in IN FLAMES Gefilden wildert. Das duale Riffing erinnert sehr an „Clayman“ Zeiten und agiert im Stile des Gothenburg Sounds. Auch hier dominiert eine Leadmelodie den Refrain und fährt kurzzeitig die Härte etwas zurück.
„One Church Over All” startet in doomigen Gefilden und lässt zuerst staunend zurück, das war nämlich so nicht zu erwarten. Die HM-2 Gitarren sägen im unteren Temposegment und wirken bedrohlich und immer auf Angriff bedacht. Doch galoppiert nur die Doublebass zur Mitte des Songs etwas davon, der Rest steht hinter der singenden Gitarre zurück und bleibt dann doch ruhig. Das macht den Kontrast zum folgenden „Dying Knows No Bounds” noch interessanter. Der Song ist am stärksten am schwedischen Oldschool orientiert und galoppiert in gutem Tempo dahin. Es groovt gewaltig und der Nacken wird zur Albummitte schon ordentlich strapaziert. Die zweite Hälfte des Albums steht der ersten in nichts nach. Es wird doomig in „Reign Supreme“ und der Oldschool Melodic Death Metal erhält mit „Under The Sun Of War“ seine Huldigung.
Und dann ist da noch „Ascension“. Fast zum Ende des Albums werfen NIGHTBEARER ein neunminütiges Epos in die Schlacht, das muss man sich wirklich trauen. Und was soll man sagen. Der Song gehört zu den besten eines sowieso schon hervorragenden Albums. Das ist Songwriting vom Feinsten und beinhaltet alles was die Deutschen meisterhaft beherrschen. „Ascension“ ist getragen von einer steten mitnehmen Atmosphäre. Es beginnt langsam im Aufbau und entwickelt sich weiter und weiter. Die Gitarren geben, wie so oft, durch ihre herausragenden Leads die Melodien vor. Sanfte Klänge gehen ansatzlos in Tremoloausbrüche über, die dann wieder in HM-2 Groove allererster Güte münden. Und all das klingt absolut homogen. Eine wahre Meisterleistung. Als ganz kleine Kritik am Ende: ein Instrumental als vorletztes Stück hätte es nicht unbedingt gebraucht, ist aber auch kein Weltuntergang.
Alles in allem ist „Defiance“ das vielleicht stärkste Album im Melodic Death Metal Bereich bisher im Jahr 2025, aber darüber kann man sich wohl mit THE HALO EFFECT Fans streiten. Oder auch nicht und man genießt beide genialen Alben.
Tracklist „Defiance“:
1. Dust
2. His Dark Materials
3. Defiance
4. One Church Over All
5. Dying Knows No Bounds
6. Reign Supreme
7. Under The Sun Of War
8. Ascension
9. Until We Meet Again
10. Republic Of Heaven
Gesamtspielzeit: 46:13
Band-Links: