Und so näherte sich das Festival mit riesigen Schritten seinem Ende entgegen, doch der letzte Tag hatte vorher noch einiges zu bieten. Das Aufstehen in der Früh viel schon etwas schwerer, auch der Magen wollte nach zu viel von Allem, das schlecht ist mal etwas Gesundes, doch Vernunft ist etwas für zu Hause und so stürzte man sich erneut in das wilde Treiben.
Wir begaben uns am Sonntag schon gegen 11 Uhr auf das Gelände, das um diese Uhrzeit noch recht ruhig und verweist wirkte, da viele noch in ihren Unterkünften lagen. Doch der Name MOON SHOT ließ uns aufhorchen und so lauschten wir zu dieser unchristlichen Stunde den Finnen, die 2019 gegründet wurden. Der bekannteste Name in der Truppe ist ein gewisser Henkka Seppälä am Bass, der so Mancher oder Manchem bekannt sein dürfte, von den Melodic Death Rockern CHILDREN OF BODOM.
Musikalisch begibt man sich auf der Alternative Rock Schiene und mit Sänger Ville Malja fand man stimmlich den passenden Mann. „Broken Bones“ blieb mir im Gedächtnis hängen, bei dem kurzweiligen, jedoch feinen Konzert am Morgen. Vielleich hört man noch mehr in nächster Zukunft, Potenzial wäre vorhanden.
Ein toller Aspekt von Festivals ist, dass man immer wieder neue Bands entdeckt und manchmal ist auch etwas dabei, das hängen bleibt und einen richtig begeistert. So erging es mir mit der deutschen Truppe NACHTBLUT aus Osnabrück. Gegründet 2005 sollte es 20 Jahre dauern bis sich unsere Wege in Tschechien kreuzten. Die ausschließlich in Deutsch gesungenen Songs sind sehr tiefgründig und regen immer wieder zum Nachdenken an. Sänger und Bandgründer Askeroth wollte genau das bewirken, auf soziale Missstände hinweisen, den Mittelfinger hochstrecken und nicht nur belangloses zum Besten geben.
Optisch mit weißen Gesichtern und schwarz verschmierten Körpern wirkte man viel düsterer als man war. „Multikulturell“, überzeugte mich mit seinem treibenden Riff genauso schnell wie „Von Hass getrieben“ mit seinen düsteren Momenten. Dark Metal, der manchmal an RAMMSTEIN erinnert, kam hier super an, denn die Menge vergrößerte sich nach jeder Nummer deutlich. Askeroth ist ein starker Fronter, mit seiner Präsenz und Ausstrahlung hatte er die Leute schnell auf seiner Seite und auch seine Stimme war sehr variabel. Einmal klarer Gesang, bei dem man jede Silbe perfekt verstand, in der nächsten Sekunde schnitt eine Kreissäge durch die Gehörgänge. NACHTBLUT werden definitiv ab jetzt auf meiner Playlist landen und die Bezeichnung Geheimtipp wird sich hoffentlich bald verdünnisieren.
NACHTBLUT:
Von Hass getrieben
Kaltes Herz
Todschick
Manchmal kommen sie wieder
Mein ist die Hölle
Stirb langsam
Leierkinder
Die Blutgräfin
Multikulturell
Lied für die Götter
Das Leben Der Anderen
Von Begeisterung zur Enttäuschung ist es oft nur ein schmaler Grat, so leider erlebt bei HERMAN FRANK, dem ehemaligen Gitarristen von ACCEPT und Bandchef von VICTORY. Mit Rick Altzy hatte er einen durchaus starken Sänger an seiner Seite, doch leider kam der klassische Hard Rock ohne nennenswerte Hits an diesem Nachmittag nur lauwarm bei den Leuten an. Vielleicht war es auch allen zu heiß? Zur Verstärkung durfte dann auch eine Dame in rot ein paar Zeilen beisteuern, doch auch ihre Stimme wirkte etwas kraftlos und konnte nicht für Begeisterungsstürme sorgen.
Zwischendurch folgte ein Ausflug ins ACCEPT Gefilde mit dem Überhit „Balls To The Walls“, den wohl Jeder und Jede auswendig mitsingen konnte. Hermann und seine Kollegen versuchten alle vor der Bühne zum Mitsingen zu animieren, doch nicht einmal bei diesem Kracher kam Stimmung auf, somit war eigentlich Hopfen und Malz verloren und auch wir verabschiedeten uns nach dem eher traurigen Auftritt.
Setlist HERMAN FRANK:
Right In Your Guts
Welcome To The Show (Moon’Doc song)
Burning
Can’t Take It
Are You Ready (VICTORY)
Destroyers Of The Night (IRON ALLIES)
Teutonic Order
Falling To Pieces
Welcome To Hell
Balls To The Wall (ACCEPT)
Check’s In The Mail (VICTORY)
Am Nachmittag freuten wir uns auf unseren Landsmann Georg Neuhauser, der vielen Dank SERENETY ein Begriff sein dürfte. Doch wie schon vor zwei Jahren erschien er diesmal mit seiner anderen Band WARKINGS am Masters. Recht viel Veränderungen konnten wir zu 2023 nicht entdecken, der Bühnenaufbau und die Verkleidungen waren ident, doch das störte niemanden. Die Songauswahl wurde dank neuem Album „Armageddon” erweitert und das neue Material fügte sich nahtlos in das Set ein. Die vier Kriegskönige aus Valhalla hatten sichtlich Spaß und das Publikum wurde durch die Energie des Tribune, dem Crusader, dem Wikinger und dem Spartaner angesteckt.
Zwischendurch wurden die Herren von Morgana le Fay (Secil Sen) unterstützt, die mit ihren Crawls für die nötige Härte und Abwechslung sorgte. Die Musik der Truppe machte Spaß, animierte zum Headbangen und rockte ordentlich, doch ohne die Show hätten alle nur halb so viel Freude gehabt. So wurde bei „Fight“ ein Mädchen auf die Bühne geholt, um die Stimmung anzuheizen oder bei „We Are The Fire“ marschierte der hauseigene Schlachter mitten unter die Leute um seinen mächtigen Hammer zu schwingen und den CirclePit zu starten.
Zum Ende schrie Sänger und Animateur Georg alias Tribune, dass man sich heute nicht in Tschechien sondern in Sparta befinde was mit lautem Sparta, Sparta Rufen quittiert wurde. Bei der Zugabe „Gladiator“ durften dann noch die Schwerter in den Händen des Sängers Feuer fangen. Coole Show einer hoch motivierten und sympathischen Band, die hoffentlich 2027 wieder ihren Weg nach Sparta, äh Tschechien finden wird.
Setlist WARKINGS:
(We Are Warkings)
The Last Battle
Armageddon
Hephaistos
Genghis Khan
Never Surrender
Maximus
Odin’s Sons
Kings Of Ragnarök
Fight
Hangman’s Night
We Are The Fire
Sparta
Gladiator Outro: The Battle (Hans Zimmer & Lisa Gerrard)
Als nächstes durften die altbekannten Krawall Chaoten von KORPIKLAANI die Bühne in Tschechien unsicher machen. Bisher konnte ich den Finnen mit ihrem Humppta Humppta Folk Metal hier schon sechs Mal beiwohnen und was soll man noch über das Sextett erzählen, dass nicht schon zig mal geschrieben wurde. Die Stimmung war wie zu erwarten richtig gut und ausgelassen, verstanden habe ich auch diesmal so gut wie nichts und mitschunkeln passierte automatisch. Man kann zu KORPIKLAANI stehen wie man will, doch Partys veranstalten können sie.
Erwähnenswert wären die in Englisch gesungenen „Happy Little Boozer“, „A Man With a Plan“ und „Gotta Go Home” von den Disco Veteranen BONEY M, bei dem so richtig die Post abging. Sänger Jonne Järvelä, der sich immer wieder die Gitarre schnappte, animierte ohne Pause die Fans lautstark ordentlich mitzumachen und wieselte andauernd über die Bühne. Gegen Ende durfte der Waldschratt an den Drums behangen mit Federn und vielen Ketten ein Drum-Solo zum Besten geben, ehe „Vodka“ dem Alkohol würdigte und so für den unausweichlichen Höhepunkt der sympathischen Nordländer sorgte. Wahrscheinlich bis bald.
Setlist KORPIKLAANI:
Rankarumpu
A Man With A Plan
Saunaan
Happy Little Boozer
Levan Polka
Rauta
Aita
Oraakkelit
Kalmisto
Tuli kokko
Vaarinpolkka
Päät pois tai hirteen
Pidot
Leväluhta
Gotta Go Home (BONEY M.)
Viima
Metsämies
Wooden Pints
Vodka
Es folgte die nächste Episode im Entdecken fremder Kulturen, vom Norden nach Asien zu den Senkrechtstartern von THE HU. Auch diese Formation durfte schon vor zwei Jahren das erste Mal am MoR ihr Können zeigen und wusste mit ihrem mongolischen Untertongesang zu überzeugen. So begaben wir uns zur vorletzten Band des diesjährigen Festivals.
Leider und aus unerklärlichen Gründen betraten die acht Herren aus dem reich von Dschingis Khan mit 10 minütiger Verspätung die Bühne, dekoriert mit schönem Aufbau im Asia-Style. Normalerweise wäre so etwas ja kein Problem, wenn man jedoch auch noch eine viertel Stunde früher das Set beendet, dann ist das nicht nur schade, sondern hinterlässt auch einen faden Beigeschmack.
Dazwischen sorgten THE HU für mächtigen Sound dank Schlagzeug und riesiger Trommel. Jede Menge exotischer Instrumente sorgten für den typischen Klang der Band, die dank youtube für den weltweiten Bekanntheitsgrad sorgten. Die Hits wie „Black Thunder“, das mächtige „This Is Mongol“ und der Hit „Wolf Totem“ kannten schon einige Fans und wurden daher lautstark mitgesungen und am meisten abgefeiert. Nach einer halben Stunde wurde dann gefragt: „ Mag hier jemand IRON MAIDEN?“ Die Antwort kann ich mir hier wohl sparen und so folgte „The Trooper“ auf Mongolisch, was in den ersten Sekunden gewöhnungsbedürftig klang, jedoch mit Fortdauer immer mehr Spaß machte. Warum nicht?
THE HU konnten auch diesmal überzeugen, auch wenn der Gig deutlich zu kurz war und man etwas überrascht stehen gelassen wurde, da man dachte es folgt noch eine Zugabe.
THE HU:
Lost
The Same
The Gereg
Grey Hun
The Trooper (IRON MAIDEN)
Black Thunder
Chi Bishee
Yuve Yuve Yu
Wolf Totem
This Is Mongol
Die deutschen Power-Metaller POWERWOLF waren an diesem Tag allgegenwärtig, denn schon tagsüber sah man überall Besucher mit Powerwolf T-Shirts über das Festivalgelände laufen. Früher kam man an dieser Band kaum vorbei. Man sah sie gefühlt auf jedem Festival oder Konzert. Zuletzt hatte ich sie 2019 im Posthof in Linz gesehen. Zwar war der Auftritt musikalisch solide, doch die Show wirkte damals etwas eingefahren, denn es gab kaum Veränderungen, selbst die Ansagen kannte man schon in und auswendig. Umso gespannter war ich nun, wie sie sich nach all den Jahren präsentieren würden. Und es war schnell klar, POWERWOLF machten in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung nach vorne. Mit ihrem Erfolg ist auch die Bühnenshow mitgewachsen. Das Set wurde von einer beeindruckenden Kirchenkulisse dominiert, in die Schlagzeug und Keyboard eingebettet wurden. Auch die anderen Musiker nutzten diese Konstruktion, um sich auf verschiedenen Ebenen zu bewegen.
Eröffnet wurde das Set mit „Bless ’em With The Blade“ vom neuen Album „Wake Up The Wicked“ (2024), das in Deutschland und Österreich Platz 1 der Charts erreichte. Im weiteren Verlauf bot die Show zahlreiche Highlights: Bei „Amen & Attack“ erschien eine monumentale Orgel, aus deren Pfeifen bei jedem Ton Flammen schossen. Während „1589“ wurde Keyboarder Falk Maria Schlegl eindrucksvoll „am Scheiterhaufen verbrannt“. Generell wurde mit Pyrotechnik nicht gespart und beinahe jedes Lied wurde mit Feuer, Rauch und Explosionen untermalt.
Ein besonders eindrucksvoller Moment war bei, „Stoßgebet“ zu sehen, Darsteller in mittelalterlichen Mänteln und mit Fackeln betraten die Bühne wie bei einem Ritual, während Attila Dorn auf einem Plateau nach oben gefahren wurde. Hinter ihm wurde ein Kreuz projiziert. Visuell und atmosphärisch ein starker Moment. Auch im weiteren Verlauf passten die Animationen hervorragend zu den Songs und unterstrichen erneut, dass Powerwolf längst zur Oberklasse des Metal gehören.
Zwischendurch gab es, wie gewohnt viel Publikumsinteraktion. Viele Redepassagen, Mitsing-Spielchen und Call-and-Response-Elemente, besonders bei Songs wie „Armata Strigoi“ oder „Demons Are a Girl’s Best Friend“. Das kam bei vielen gut an, denn die Mitmachquote war hoch. Aber für meinen Geschmack (und vielleicht einiger anderer) hätte es stellenweise etwas weniger sein dürfen.
Bei „Fire And Forgive“ kam ein tragbarer Flammenwerfer zum Einsatz, bevor mit „Heretic Hunters“ und „Blood For Blood“ die letzten beiden Songs des regulären Sets folgten. Die Zugabe bestand aus den absoluten Klassikern „Sanctified With Dynamite“, „We Drink Your Blood“ und „Werewolves Of Armenia“, begleitet von einer wahren Macht Demonstration mit Pyros, die keine Wünsche offen ließ. Als Outro erklang „Wolves Against The World“, mit dem sich die Wölfe aus Saarbrücken von einem sichtlich begeisterten Publikum verabschiedeten.
POWERWOLF Überraschten mich wirklich positiv. Abgesehen von dem etwas übermäßigen Gerede war das ein starker, energiegeladener Headliner-Auftritt, der dem Festivalabschluss absolut würdig war und definitiv Lust machte, sich mal wieder ein Album der Band anzuhören.
Setlist POWERWOLF:
Bless ’Em With The Blade
Incense & Iron
Army Of The Night
Sinners Of The Seven Seas
Amen & Attack
Dancing With The Dead
Armata Strigoi
1589
Demons Are A Girl’s Best Friend
Stoßgebet
Fire And Forgive
Heretic Hunters
Blood For Blood
Sanctified With Dynamite
We Drink Your Blood
Werewolves Of Armenia
Alles in allem endete ein eher durchwachsenes Masters Of Rock 2025. Positiv wie immer die friedliche und ordentliche Atmosphäre mit dem tollen Gelände und vielen einheimischen Schmankerl, doch die wirklichen musikalischen Wow-Momente hielten sich leider in Grenzen. Man merkt einfach, dass es immer schwieriger wird namhafte Formationen zu engagieren. Entweder zu teuer, oder nur mehr auf Headlinder-Solo-Touren, da diese attraktiver sind und natürlich der Mangel an Big-Playern. Trotzdem hatten wir unseren Spaß und auf einige Bands ist halt dann trotzdem Verlass. Bitte die eine oder andere Überraschung 2026, dann ist auch die Crew von Earshot wieder mit am Start.
Autor: Andi Wollersberger & Benjamin Staudacher
Fotos: Mandfred Tanner