Ultima Ratio Fest 2025: DARK TRANQUILLITY, SOEN, EQUILIBRIUM, IOTUNN @ Posthof, Linz (09.10.2025)

dark tranquillity - ultima ratio fest

 


Ein Herbstabend in Linz, der wie gemacht war für einen musikalischen Streifzug durch die Welten des Progressive Metal, Melodic Death und modernen Folk Metal. Am 09. Oktober 2025 verwandelte sich der Linzer Posthof in ein Klangtheater, das mit vier hochkarätigen Acts aufwartete: IOTUNN, EQUILIBRIUM, SOEN und DARK TRANQUILLITY. Jeder dieser Bands bot eine eigene Facette des Metal-Universums – und gemeinsam sorgten sie für ein intensives und vielseitiges Konzerterlebnis.

Die dänische/färöische Progressive-Metal-Band IOTUNN eröffnete den Abend mit einem atmosphärisch dichten Set, das sofort in die Tiefen des Alls entführte. Obwohl ihr Set mit nur drei Songs kurz war,  hinterließen sie einen bleibenden Eindruck. Der Opener „Mistland“ setzte direkt ein episches Zeichen, gefolgt vom elegischen "Kinship Elegiac&quot, das mit seinem vielschichtigen Sound und  emotionalen Vocals berührte. Den Abschluss bildete das mächtige „The Tower of Cosmic Nihility“, das mit seinem monumentalen Aufbau den Bogen von Melancholie zu kosmischer Größe spannte. Ein starker Einstieg für diesen Abend, der Progressive Metal aufgeschlossenen Zuschauer überzeugte. Der für Original-Sänger Jón Aldará eingesprungene Tour-Sänger Morden Bryld (HEIDERA) machte seine Sache einwandfrei und zauberte mit seinem Leuchtstrahl-Mikrophonständereine magische Show auf die Bretter, die sich gewaschen hat. Gesanglich fühlte ich mich in manchen Momenten an die großartigen COMMUNIC und musikalisch an die genialen GHOST BRIGADE erinnert. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch nach der Show am Merch-Tisch zeigte sich die Band sympathisch und antwortete mir auf meine Frage, was ich unbedingt noch in diesen Bericht schreiben soll: „Our drummer is great, although he has an IQ of only 7%.“

Setlist IOTUNN:
Mistland
Kinship Elegiac
The Tower Of Cosmic Nihility

 

Mit „Born To Be Epic“ wollten die Folk Death Metaller von EQUILIBRIUM gleich ein Zeichen setzen. Ganz so episch sollte es an dem Abend aber leider nicht werden. Bei einem etwas weniger transparenten Sound bollerten die Deutschen eher ungestüm als routiniert auf die Bühne. Das mag vielleicht daran liegen, dass Robse’s Nachfolger Fabi einen neuen Twist in die Band brachte und diesen auch auf der Bühne recht auslebt. Der sympathische neue Fronter kommt nämlich eher aus der Metalcore Ecke und das spürte man sowohl in seiner gesanglichen als auch generellen Performance. Mit wenig Platz und minimalem Bühnenaufbau, wollte auch nicht die große Dramatik aufkommen, zumal die epischen Parts aus der Dose kamen und weniger prominent in den Sound gemischt wurden.

Ultima Ratio Fest 2025 - equilibrium posthof

Aber die Jungs gaben sich reichlich Mühe die Fans in Stimmung zu bringen. Fabi feuerte an, ließ die Anhänger mitbrüllen und zeigte sich mehr als dankbar mit Hand auf der Brust oder zum Herz geformten Fingern. Die Linzer dankten es ihm mit ansehnlichen Moshpits, gereckten Fäusten und großem Applaus. Zwischen älteren Klassikern wie „Blut im Auge“ und moderneren Hymnen wie „Renegades – A Lost Generation“ zeigten sie ihre stilistische Bandbreite, von heroischem Folk Metal bis hin zu elektronischen Einflüssen sowie den neueren Metalcore-Einflüssen. Besonders „Cerulean Skies“ und „Nexus“ überzeugten mit massiven Riffs und mitreißenden Refrains. Die Menge feierte – die Band lieferte.

Ultima Ratio Fest 2025 - equilibrium posthof

Setlist EQUILIBRIUM:
Born To Be Epic
Renegades – A Lost Generation
Bloodwood
Blut Im Auge
Cerulean Skies
Shelter
Nexus

 

SOEN sollten an diesem Abend mehr als nur ein Geheimtipp werden. Als eine Band, die schon lange als Mysterium und Legende herumgeistert, aber irgendwie bisher noch nicht auf die ganz großen Bühnen geschafft hat, war die Neugier schon riesig, erzählten mir doch zahlreiche Anwesende, dass genau das der Grund für die heutige Anwesenheit war. Zwar habe ich die Band in ihren Anfangstagen live erleben dürfen, verlor diese aber in den letzten Jahren etwas aus dem Auge. Ein großer Fehler, wie sich rausstellen sollte. Die von Ex-OPETH Drummer Mark Lopez gegründete Combo besteht sichtlich aus Vollblutmusikern und das wurde auf der Bühne in 50 Minuten eindrucksvoll bewiesen.

Ultima Ratio Fest 2025 - soen posthof

Die Band nahm mit ihrem Sound, der laut eigenen Aussagen von TOOL, OPETH und zahlreichen Classic Rock Bands inspiriert sei, die Fans sofort gefangen. Schon nach wenigen Minuten war die Stimmung am Kochen, die Atmosphäre vereinnahmend und der Jubel zwischen den Tracks ohrenbetäubend. Sänger Joel Ekelöf nahm uns quasi auf eine progressive, düstere, aber auch unglaublich dynamische Reise mit. Zwischen filigranen Vocals, über harschen halbgrowls bis hin zu emotional-hymnischen Gesängen, die unter die Haut gingen und dann wieder als Goosepumps hervorschossen, war da alles auf den Ton genau getroffen dabei. Songs wie „Sincere“ oder „Antagonist“ läuteten das grandiose Set schon gut ein, doch – man erlaube mir den Wortwitz – spätestens „Unbreakable“ hat mich gebrochen. Gänsehaut am ganzen Körper, ein Sound zum Verlieren und ein Refrain der sich sofort im Gehörgang, aber auch im Herzen festkrallte. Auch die Performance ließ sich sehen. Auch wenn nun nichts visuell herausstechendes auf der Bühne zu finden war, war die Lichtstimmung grandios, die Band weiß genau wie sie sich zu bewegen hat und Joel mimte den perfekten Mix aus Rocker, Moderator und Schauspieler, hielt auch mal die Flagge hoch und wusste sowieso mit Gestik und Mimik perfekt die Musik zu unterstreichen. Mit „Modesty“ holte man wieder etwas runter, während „Memorial“ zwischen metallischen tönen und und einfühlsamen Soli (man stellt sich Lars Åhlund  mit seinem mächtigen Schnauzbart neben Slash vor der Kapelle vor) aus den 70s und 80s Rock, fügen nahtlos in den einzigartigen Sound der internationalen Truppe ein. „Lotus“ durfte als einfühlsame Hymne sowieso nicht fehlen, bevor „Violence“ das Set nochmal schlagkräftig, aber nicht minder intensiv beendete.

Ultima Ratio Fest 2025 - soen posthof

Ein Auftritt wie eine Welle: nicht laut und wild, sondern kraftvoll, durchdacht und überwältigend.

Setlist SOEN:
Sincere
Antagonist
Martyrs
Unbreakable
Modesty
Memorial
Lotus
Violence

Den Headliner des Abends braucht man zwar nicht mehr lange vorzustellen, doch des Jubiläums wegen möchte ich schon noch ein paar Facts loswerden. Bereits in den späten 80er fanden ein paar junge Schweden zusammen, um die Sau rauszulassen. Dass hier Mikael Stanne, der auch bei IN FLAMES die erste Demo einsang und sogar Teil von HAMMERFALLs Geschichte war, Anders Fridén, den bekanntlich IN FLAMES Fans kennen und verehren und die Namen Henrikkson, Jivarp und Sundin in Form von DARK TRANQUILLITY Geschichte schreiben sollten und in einem Zug mit Swedens Finest AT THE GATES, IN FLAMES oder SOILWORK ausgesprochen werden sollten, damit rechnete damals wohl keiner

Mehr als 35 Jahre später hat sich die Welt weiter gedreht und Stanne ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied, doch der Ruhm heute größer, denn je und gemeinsam mit Langzeitfreund und Hauptsongwriter Martin Brändström, sowie neueren Mitstreitern wie HATESPHEREs Pepe Lyse Karmark und weiteren Vollprofis an ihren Instrumenten, zelebrierten die Melodic Death Metaller aus Göteborg gleich zwei Alben. Zum einen „The Gallery“ welches vor 30 Jahren erschien und im Vergleich zum heutigen Schaffen natürlich gewaltig ruppig klingt und im regulären Live-Set weniger Platz findet. NUn durften aber gleich fünf Songs in Folge intoniert werden. Und da präsentierte man bei düsterem Bühnenbild und perfekten Sound auch sogleich den prominentesten Track „Punish My Heaven“ und raste sonst gekonnt durch das restliche Material. Nach dem ersten Drittel des Sets scherzte Mikael, der einfach nicht altern will herum und wollte wissen grinsend wissen: „Do you want to hear a bunch of songs you can recognize?“, voll in dem Wissen, dass die 1995 veröffentlichten Songs noch nicht zu den größten Hits der Band gehörten.

Ultima Ratio Fest 2025 - dark tranquillity posthof

Und so sprang man ins Jahr 2005 und dem Nachfolger des legendären „Damage Done“ Albums. „Character“ machte zum zuvor präsentierten Material natürlich mehrere Evolutionsstufen bemerkbar, aber auch der Schritt vom erwähnten Nachfolger zu „Character“ war groß. Die Band wurde noch visueller, die präsentierten Hits „The New Built“, „Through Smudged Lenses“ und der größte Hit darauf „Lost To Apathy“ boten noch düsterere, kompaktere und intensivere Atmosphäre, als alles zuvor. Stanne wechselte zu voluminöseren, weniger kratzigen Growls als zu Beginn und sorgte mit seinen cleanen Parts, die nach wie vor einzigartig und sehr dreidimensional erschallten für Gänsehaut.

Die Band ließ nicht vermuten, dass Stanne und Bradsträm in den letzten vier Jahren runderneuerten werden mussten, zeigten eine enorme Spielfreude und ließen erahnen, dass die Chemie in der Band grandiose sei. Somit konnte man in Sachen Performance und Sound absolut nichts bemängeln. Die wuchtigen Gitarrenwände, der starke Gesang und die vereinnahmenden Keys sprachen für sich. Die größte Streitfrage bei so einer Jubiäumsshow ist da natürlich die Setlist, denn da war nicht mehr viel Spielraum, ließ man dem dritten und letzten Part nur Platz für fünf All-Time Hits. Wobei das auch nicht ganz richtig ist, packte man ja auch zwei Songs des aktuellen Machtwerkes „Endtime Signals“ dazu. So durften Fans noch auf den Titeltrack von „Atoma“, „Terminus“ und dem unausweichlichen „Misery’s Crown“ hoffen, mussten aber komplett auf Material von „Damage Done“, „Projector“ oder „Haven“ verzichten.

Ultima Ratio Fest 2025 - dark tranquillity posthof

Nichtsdestotrotz mimten DARK TRANQUILLTY den geborenen Headliner für so eine Tour, zeigten sich zugleich routiniert wie spielfreudig und begeisterten ihre Fans. Die Special-Setlist bleibt Geschmackssache und wäre meiner Meinuung nach nicht nötig gewesen, da man mit den klassischen Hits mehr punkten hätte können, zumal DT nun nicht die Band ist, die das spezielle Hitalbum hat sondern über die Dekaden hinweg stets hohe Qualität und auf jedem Album eine gute Menge an Hits abliefern konnte. Die Schweden zeigten aber erneut, eine Band, die weder ein schwaches Album noch eine enttäuschende Live-Show hinbekommen könnte. Für Fans ein absolut erfolgreicher Abend.

Ultima Ratio Fest 2025 - dark tranquillity posthof


Setlist DARK TRANQUILLITY:
Punish My Heaven
Edenspring
Lethe
The Emptiness From Which I Fed
The Dividing Line

The New Build
The Endless Feed
Through Smudged Lenses
My Negation
Lost To Apathy

Not Nothing
Atoma
Unforgivable
Termins (Where Death Is Most Alive)
Mysery’s Crown

 


Vier Bands, vier Klangwelten, ein Abend, der noch lange nachhallt. Von den sphärischen Höhen von IOTUNN, über die folkmetallische Energie von EQUILIBRIUM, die emotionale Tiefe von SOEN bis hin zur massiven Melancholie von DARK TRANQUILLITY – der Konzertabend im Linzer Posthof war ein Fest für Fans anspruchsvoller und vielfältiger Metal-Musik. Ein Line-up, das in dieser Kombination Seltenheitswert hat – und einen bleibenden Eindruck hinterließ.

 


 

Autor: Max Wollersberger & Florian Rosenberger
Fotos: Max Wollersberger


Links:
ultima ratio fest 2025

 

 


Share on: