Retaliate
(Death Metal)
Label: Relapse Records
Format: (LP)
Release: 2003
Dass es sich bei MISERY INDEX um niemand geringeren als einen hochwertigen DYING FETUS-Ableger handelt, sollte in der Szene bereits die Runde gemacht haben, daher erspare ich mir, großartig auf die Bandgeschichte einzugehen. Allerdings: Das Mini-Debüt „Overthrow“ (2001 / Anarchos Records) war und ist nachwievor weit hinter den DYING FETUS-Werken anzusiedeln, auch wenn Jason Netherton (Vocals / Bass) vom kompetenten Musikern wie Mike Harrison (Guitars / Vocals) und Kevin Telley (Drums), später auch Sparky Voyles (Guitars) unterstützt wurde, die schon bei Koryphäen wie DYING FETUS, FEAR OF GOD, SADISTIC TORMENT, M.O.D. und SUFFOCATION ihre Loorbeeren geerntet haben.
Neues Album, neues Glück – „Retaliate“ setzt dort an, wo DYING FETUS mit „Destroy The Opposition“ aufgehört haben, „Retaliate“ bietet das, was insbesondere mir auf „Stop At Nothing“ gefehlt hat: Aus der Hand gespielte, zwanglose Brachialität verbunden mit aggressivem, dennoch eingängigen Songmaterial, das vor Qualität nur so platzt. Was mir dennoch auch auf dem aktuellen MISERY INDEX-Output nachwievor abgeht, sind die Hardcore-lastigen Grooves und Johns unverwechselbare Growls, so schafft man aber immerhin einen gewissen Abstand zur Stammpartie und nähert sich gewaltig nahe an „The Only Law Is Survival“ des MALEVOLENT CREATION-Ablegers HATE PLOW an.
Wie die obig angesprochenen Vergleiche zeigen, kann man also von „Retaliate“ durchaus keinen Blues-beeinflussten Blümchen-Sound erwarten, vielmehr ballert sich das Trio voll inbrünstiger Wut und schierer Spielfreude eine gute halbe Stunde in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit durch ihr merklich gereiftes Songmaterial und weiß durch geschickt integrierte Midtempo Parts die notwendige Abwechslung zu erreichen. Insbesondere Neuzugang Matt Byers (Drums), welcher bei Größen wie Derek Roddy (u.a. NILE, ANGEL CORPSE) und Kevin Talley (u.a. DYING FETUS, ex-MISERY INDEX) die Schulbank gedrückt hat, weiß zu überzeugen, aber auch Jason, welcher sich nachwievor für einen Großteil des Materials verantwortlich zeigt, scheint seine alten Qualitäten wiedergefunden zu haben und kann vorallem vocaltechnisch diesmal mehr überzeugen, als noch auf „Overthrow“. Abwechslungsreicher, klarer und einfach aggressiver, reiht sich der ehemalige DYING FETUS-Frontman zumindest auf CD über seinem Nachfolger Vince Matthews (Vocals / DYING FETUS) ein, welcher mich dafür live mehr mitreißen hat können.
Auf „Retaliate“ stimmt jeder einzelne Part, passt jede Note und auch wird die Geschwindigkeit nicht als reiner Selbstzweck angesehen, wie es – von mir bereits oft kritisiert – bei der „neuen Death Metal Welle“ so oft der Fall ist. Soundmäßig reiht man sich nahtlos am obig angesprochenen Output von HATE PLOW an, was insbesondere in Punkto Drum- und Gitarrensound einen weiteren (postiven) Unterschied zu DYING FETUS darstellt.
Einzig und allein das Artwork lässt diesmal die Qualitäten eines Mike Harrison missen, der sich ja für das Artwork sämtlicher Vorgänger (das Debüt sowie einige Split-Veröffentlichungen) verantwortlich zeigte und vormals auch für die Gitarrenarbeit bei MISERY INDEX zuständig war.
Dennoch: „Retaliate“ ist im Vergleich zu „Overthrow“ definitiv ein riesiger Schritt nach vorne, qualitativ hochwertiger und interessanter, insbesondere aber keine Kopie von DYING FETUS, welche sie im direkten Vergleich mit „Stop At Nothing“ haushoch schlagen.
Leider gilt auch bei MISERY INDEX Qualität vor Quantität, anbetrachts des wirklich tadellosen und kurzweiligen Songmaterial kann man aber durchaus über die kurze (für Genreverhältnisse dennoch respektable) Spielzeit hinweg sehen.
Tracklist „Retaliate“:
1. Retaliate
2. The Lies That Bind
3. The Great Depression
4. Angst Isst Die Seele
5. Demand The Impossible
6. Order Upheld/Dissent Dissolved
7. Servants Of Progress
8. The Unbridgeable Chasm
9. Bottom Feeders
10. History Is Rotten
11. Birth Of Ignorance (Bonus Track)
Gesamtspielzeit: 31:22