CANNIBAL CORPSE - Kill
CANNIBAL CORPSE
Kill
(Death Metal)

 


Label: Metal Blade Records
Format: (LP)

Release: 20.03.2006


Fragt man nach den wichtigsten da bahnbrechendsten und wegbereitendsten Veröffentlichungen des Genres, so fallen neben prägnanten Titeln wie „Altars of Madness“ (MORBID ANGEL), „Spiritual Healing“ (DEATH) und „Deicide“ (DEICIDE) zweifelsohne auch „Tomb of the Mutilated“ und „The Bleeding“; CANNIBAL CORPSE – eine der ersten Bands, die das Dreispann schneller-lauter-härter bis in alle Extreme ausreizte, seit je her Kern- und Angelpunkt der amerikanischen Death Metal-Szene und verantwortlich dafür, dass das Geröchel über folgenhaft penetrierte Vaginalbereiche und zum Trocknen auf einem Fleischerhaken aufgehängte, bluttriefende Föten salonfähig wurde.

Rückschläge mussten die Kannibalen in ihrer mittlerweile doch sechzehn Jahre andauernden Bandgeschichte mehr als genügend einstecken – nicht nur ständige Probleme mit der Zensur machten der Band zu schaffen, auch schien beispielsweise der Verlust von Fronter Chris Barnes während den Aufnahmen zu „Vile“ vorerst als herber Verlust. Doch weit gefehlt – nicht nur, dass es mittlerweile sogar so aussieht, als dürften CANNIBAL CORPSE nun endlich auch deutsche Bühnen rechtlich abgesichert mit Stücken der ersten drei Alben erfreuen, präsentiert man sich Anno 2006 auch mit dem bisher stärksten Line Up.
Wer heute, da er Alben wie „Bringer of Blood“ (SIX FEET UNDER) ertragen musste, noch einem Chris Barnes nachtrauert, hat wohl das Potenzial des Stiers George Fisher aufgrund eines übermäßigen Konsums bewusstseinserweiternder Mittel noch nicht ganz gerafft; Und wer gar dachte, dass der Ausstieg von Langzeitgitarrist und Mitbegründer Jack Owen dazu führen würde, dass Alex und Co. ihre Instrumente an den so plakativen Fleischerhaken hängen würden, der war sowieso schief gewickelt: Das aktuelle Studioalbum – simpel, aber mehr als prägnant mit „Kill“ betitelt – präsentiert nicht nur ein Quintett auf allerhöchstem technischen Niveau, sondern auch eine hervorragend aufeinander abgestimmte Einheit, welche es erneut geschafft hat, nicht nur spielerisch herausragendes, sondern gleichzeitig auch markant-eingängiges Material zu verfassen:

Mit Alex Webster hat man nicht nur einen seit den Anfängen deutlich gereiften Bassisten in den Reihen – mittlerweile zählt er auch zweifelsohne zu den besten Songwritern, welche die Szene bisher gesehen hat; Bereits die letzten Alben dokumentierten sein Potenzial – und diesbezüglich auch seine Überlegenheit vorallem Jack Owen gegenüber, wessen Songs auf den letzten Alben meiner Meinung nach immer die um einen Tick schwächeren darstellten. George „Corpsegrinder“ Fisher – ein blutdurstiger Stier, der nicht nur über ein breiteres stimmliches Spektrum verfügt als sein Vorgänger, sondern sich über die Jahre hinweg auch immer besser in die Band einfügen konnte. Wieder in die alten Reihen zurückgekehrt, weiß Rob Barrett, welcher bereits auf „The Bleeding“, „Tomb of the Mutilated“ und „Vile“ zu hören und zuletzt bei MALEVOLENT CREATION zugange war, ex-NEVERMORE Gitarrist Pat O’Brien – seit „Gallery of Suicide“ mit von der Partie – tatkräftig zu unterstützen. Jener schien übrigens zudem bisher selbst bei den Kannibalen unterfordert – auf „Kill“ wird sein Potential schön ausgeschöpft, brilliert er nicht nur als Songwriter und Solist, sondern kann auch seinem Motto „Death Metal has no limits!“ getreu wüten, was das Zeug hält – und selbst das ruhige, abschließende Instrumental „Infinite Misery“ verströmt seinen eigenen Reiz.

Einzig und allein Paul Mazurkiewicz ist auch auf „Kill“ nachwievor der altbekannte geblieben; Zwar fehlerlos und tight, so scheint er doch der einzige im kraftvollen Gespann zu sein, der sich nicht permanent in einem derat immensen Ausmaß weiterentwickelt hat – und ordentliche Blasts sucht man auch auf dem aktuellen Output vergebens. Vielmehr weiß er, ein stabiles, leicht thrashiges Fundament vorzulegen, auf das die restliche Partie gekonnt aufzubauen weiß – und stellt neben Webster und O’Brien auch einen durchaus talentierten Songwriter dar, der ein talentiertes Händchen für das gewisse Etwas vorzuweisen hat.

Zum Album selber lässt sich sagen, dass sämtliche Stücke (Glückszahl Dreizehn) deutlich machen können, wieso die Band nachwievor das Genre dominiert, und lässt in der Gesamtbetrachtung keine Zweifel aufkommen, dass es in absehbarer Zeit unmöglich sein wird, am Thron dieser Übermacht zu rütteln. Man mag der Band vielleicht eine gewisse Monotonie, eine Vorhersehbarkeit ankreiden – doch haben sich CANNIBAL CORPSE mittlerweile einen Status erkämpft, so meine ich, in denen man keine Innovativität, dafür gewohnte Qualität verlangt – und „Kill“ ist nicht nur neuerlich ein kompromissloses Machtwerk geworden, welches die ureigene Brachialität gekonnt mit mörderischem Groove zu verknüpfen weiß, sondern auch ausschließlich ausgereifte und intensive Stücke präsentiert. Beinahe möchte ich sogar sagen, dass sich gerade das von Barrett verfasste „Barbaric Bludgeonings“ mit den Werken der „Bleeding“-Ära mehr als nur messen kann, während sowohl die explosiven Stücke wie der optimal gewählte Opener „The Time to Kill is Now“, als auch das messerscharfe „Necrosadistic Warning“ und „Five Nails through the Neck“ oder auch das mit tödlicher Präzension vorgetragene „Death Walking Terror“ und das schwerfällige „The Disciple of Revenge“ jegliche Kritikpunkte gleich von Anfang an außen vor lassen.

Chaotisch vertrackte Rhythmen reihen sich hierauf in gekonnter, aber dennoch schier unglaublicher Präzision in kompositorisch hervorragend platzierte, eingängige Explosiva ein – CANNIBAL CORPSE beweisen, dass nicht nur gezielte, überfallsartige Ausuferungen, Geschwindigkeit und Komplexität, sondern auch kürzere Phasen mit gedrosseltem Tempo und vorallem Wiedererkennungswert zu einem hervorragenden Album gehören. Überraschungen gibt es demnach auf „Kill“ keine – gut, der verwöhnte Anhänger seit den Anfängen mag vielleicht vom etwas anders geratenen Covermotiv enttäuscht sein, dafür sorgte jedoch Erik Rutan (ex-MORBID ANGEL, ALAS, HATE ETERNAL) in akribischer Feinarbeit für einen soundtechnischen – zu meiner Freude sehr vom vordergründigen Bass dominierten – Höhepunkt, und die der wunderbar aufgemachten limitierten Erstauflage beigefügte DVD, welche übrigens auch selten gespielte Stücke wie „Puncture Wound Massacre“ beinhält und über sehr gut Bild- und Tonqualität verfügt, sollte doch über die Absenz der Föten, Leichen und verstümmelten Frauenkörper hinwegtrösten – so schön es auch war.

CANNIBAL CORPSE haben nach Jahren an Aktivität und zahlreichen Alben nichts von ihrer ungeschliffenen, nicht zu bändigenden Aggressivität verloren und schaffen mit „Kill“ erneut einen Hörgenuss nach dem anderen – und ohne wirklicher Verschnaufspause ist dem Quintett hiermit zweifelsohne ein Opus gelungen, das sich nicht schlecht als Soundtrack zur Apokalypse machen würde.


Tracklist „Kill“:
1. The Time To Kill Is Now
2. Make Them Suffer
3. Murder Worship
4. Necrosadistic Warning
5. Five Nails Through The Neck
6. Purification By Fire
7. Death Walking Terror
8. Barbaric Bludgeonings
9. The Disciple Of Revenge
10. Brain Removal Device
11. Maniacal
12. Submerged In Boiling Flesh
13. Infinite Misery
Gesamtspielzeit: 42:17


CANNIBAL CORPSE - Red Before Black
CANNIBAL CORPSE – Kill
LineUp:
George "Corpsegrinder" Fisher
Pat O'Brien
Rob Barrett
Paul Mazurkiewicz
Alex Webster
9.5
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