In den letzten Jahren wurde es leider immer wieder etwas ruhig um die brasilianischen Power Metal-Veteranen ANGRA. Bereits zwischen „Aurora Consurgens“ und „Aqua“ lagen vier Jahre. Und bis zum jetzt endlich vorliegenden und mittlerweile achten Werk „Secret Garden“ benötigte es ebenso viel Zeit. Als man dann endlich wieder etwas zu hören bekam, waren es leider schlechte Neuigkeiten, denn Sänger Edu Falaschi zog nach mehr als zehn Jahren seinen Hut, und dieser musste bereits die großen Fußstapfen eines André Matos (SHAMAN, AVANTASIA) füllen. Umso größer die Überraschung, dass man niemand geringeres als den Italiener Fabio Lione (RHAPSODY, VISION DIVINE, LABYRINTH, HOLLOW HAZE) nach Südamerika holen konnte. Und nicht nur für die letzte Tournee, wie man dachte, nein – auch auf „Secret Garden“ leistet er einen großen sowie grandiosen Beitrag.
So starten ANGRA mit „Newborn Me“ souverän in das neue Werk. Dichte, teils düstere Atmosphäre, drückende Rhythmik, etwas Theatralik, ein Schuss Prog und ein Fabio in Bestform, der hier etwas aggressiver zu Werke geht als bei RHAPSODY. Vielleicht noch kein Überhit, doch der Fan weiß, dass im Hause ANGRA noch alles beim Besten ist. Das Riffing von Kiko Loureiro und Rafael Bittencourt klingt typisch, doch Fans der Band wissen, dass sich kein ANGRA-Album gleicht und so erwartet den Fan noch so einiges mehr. Das düstere „Black Hearted Soul“ prescht melodieverliebt im UpTempo voraus und lässt Power Metal-Herzen höher schlagen. Die lateinischen Chöre, die starken Melodien und der typischen Spirit machen einfach nur Spaß. Dazu kommen auch wie schon im vorangegangen Track einige Latino-Spielereien, wie man sie von ANGRA kennt und liebt, diese halten sich aber dezent im Hintergrund.
Mit „Final Light“ wagt man sich auf andere Pfade. Eine atmosphärisch Nummer mit dem Hang zur Theatralik, und verschiedenen Stimmungswechsel holt einen schnell wieder vom Geschwindigkeitsrausch herunter und lässt den Musikliebhaber schwelgen, ehe „Storm Of Emotions“ seinem Namen mehr als gerecht wird. Ruhig und bedrohlich steigt man ins Geschehen ein und steigert sich zu einem grandiosen Finale. Doch halt, da hört man doch eine andere Stimme. Genau, auch Rafael darf sein Können unter Beweis setzen. Seine Stimmer erinnert teilweise an das raue 80er-Jahre-Organ von Jon Wetton, ergänzt sich perfekt mit Fabio und bringt Abwechslung in die Sache.
Auch dieses Mal haben sich Loureiro und seine Jungs ein umfangreiches Konzept überlegt, das den Rahmen aber sprengen würde. Es sei nur so viel gesagt, dass es sehr spirituell ausgefallen ist. Wie da das POLICE-Cover „Synchronicity II“ dazu passt, bei dem Bittencourt den perfekten STING raushängen lässt, sei dahingestellt. Jedoch wurde der Song perfekt mit dem eigenen Bandsound umhüllt. Auch das schwermütige und drückend tönende „Violet Sky“ weiß zu überzeugen, ehe man im Titeltrack Simone Sommons (EPICA) ran lässt. Die Orchestration ist grandios, ihre Stimme erzeugt Gänsehaut wie eh und je – und doch will diese Ballade bei mir nicht zünden, da packt mich das positiver tönende „Upper Levels“, sowie das geniale Duett zwischen Rafael und Metal-Diva Doro Pesch, die eine geniale sowie ungewöhnliche stimmliche Leistung auf „Crushing Room“ an den Tag legt, schon viel mehr. „Perfect Symmetry“ ist nochmal ein toller UpTempo Song und „Silent Rain“ schließt das Album mit Akustik-Gitarren und schönen Piano-Klängen ab.
Lange Rede, kurzer Sinn – ANGRA sind nach wie vor das Beste, was Südamerika in dem Sektor zu bieten hat. Stillstand oder Wiederholung gibt es bei den Ausnahmetalenten nicht und so ist auch „Secret Garden“ ein verdammt starkes Werk und sicher auch das abwechslungsreichste seit „Temple Of Shadows“ und sollte jedem Fan des Power/Progressive Metal glücklich machen.
Tracklist „Secret Garden“:
1. Newborn Me
2. Black Hearted Soul
3. Final Light
4. Storm Of Emotions
5. Synchronicity II (THE POLICE)
6. Violet Sky
7. Secret Garden
8. Upper Levels
9. Crushing Room
10. Perfect Symmetry
11. Silent Call
Gesamtspielzeit: 54:15