In the darkness of the night
And the raven-haired girl
Whispers her listless wordsDaughter Of Hate
Nachdem Glücksgriff Tomi Joutsen AMORPHIS vor der anrollenden Belanglosigkeit errettete, schafft es die Truppe bereits seit zwölf Jahren und mittlerweile sieben Alben als Speerspitze der finnischen Metalszene zu verharren. Das insgesammt 13. Werk „Queen Of Time“ wird daran auch nichts ändern, denn auch wenn sich die Truppe nun eine dezente Kurskorrektur zutraut, ist an ihrem Können nicht zu rütteln.
Fast 30 Jahre existieren AMORPHIS bereits und hatten ihre Tiefs und Hochs, doch das aktuelle Hoch will nicht abreissen, wie man an den zahlreichen Shows und Festivalauftritten sowie den regelmäßigen Album-Highlights sieht. Ich muss zugeben, „Queen Of Time“ machte es mir nicht einfach. Hits wie „Bad Blood“, „Silver Bride“ oder „House Of Sleep“ sucht man zunächst fast vergebens. Aber mal von vorne: AMORPHIS starten bei „The Bee“ mit düsteren Keys, weiblichen Backings und bald einsetzender Folklore eigentlich wie gewohnt, denn man erkennt den doch eingängigen Track sofort als einen der Finnen und fühlt sich schnell heimisch. Auch Tomi liefert den gewohnten Mix aus Growls und clean-hymnischen Vocals, zu denen sich noch gewohnt orientalische Riffs gesellen, doch schon hier merkt man, dass da etwas anders ist. Besser gesagt mehr – Streicher, Keyboards, Synthies, Orchestrierung, alles einfach viel opulenter, aber dank Jens Borgen trotz zahlreicher Spuren alles wunderbar transparent. Und gibt man der ersten Singleauskopplung seine Zeit, zündet diese auch. „Message In The Amber“ geht da noch progressiver und vertrackter zur Sache, bietet noch einen Schuss mehr Folk, baut noch weitere Engelsvocals- und Chöre von niemand geringerem als Anneke van Giersbergen ein und geht von zerbrechlichen Melodien und Gesängen bis hin zu Death Metal Elementen in die Vollen. Dazu kommt das, seit „Am Universum“ nicht mehr gehörte, Saxophon.
Dass AMORPHIS opulenter als je zuvor agieren sieht man neben mehr Chören, Orchestration und weiterem Bombast auch daran, dass die Laufzeit sich im Durchschnitt über fünf Minuten einpendelt und man sich im Songaufbau generell oft etwas mehr Zeit gönnt, aber auch mehr Platz für Details, die vor allem im Orientalischen und im finnischen Folk gipfeln. „Daughter Of Hate“ holt dafür zusätzlich noch die Death/Black Keule raus, ehe „The Golden Elk“ den wohl eingängsten Song des Albums mimt und dementsprechend mehr auf cleane, mitsingkompatible Vocals setzt. „Wrong Direction“ trieft auch nur so vor AMORPHIS Trademarks, klingt aber mit treibender Rhythmik und positiverem Vibe herrlich frisch, ehe es einem „Heart Of The Giant“ mit doomigen Anleihen und epischem Arrangement zunächst verdammt schwer macht, aber dann an Fahrt gewinnt. Auch hier gilt, wie für fast das komplette Album, dass der Track durch seine zahlreichen Deatails, Tempiwechsel und Twists so einige Durchläufe benötigt um sich vollends zu entfalten, und das macht „Queen Of Time“ mit am Spannendsten. Etwas aus dem Rahmen fällt dann der Death Metal meets NIGHTWISH meets Cinema-Score Track „We Accursed“, ehe „Grain Of Saind“ dem Titel entsprechend wieder in Richtung Orient entflieht und sich im Verlauf gerade im Riffing von Industrial bis hin zu klassischem Speed/Heavy Metal so einiges erlaubt. Bei „Amongst Stars“ darf dann Anneke auch bewusst in den Vordergrund und liefert mit Tomi eine geniale Duett-Performance bei einem Power Metal–lastigen Rahmen, eingängigen NIGHTWISH-Pianoklängen und treibender Rhythmik, bevor es im finalen „Pyres On The Coast“ wieder so episch und intensiv wird wie schon zu Beginn des Albums.
Der erste Durchlauf von „Queen Of Time“ war kein einfacher und ließ mich etwas enttäuscht zurück, zumal ich eingängige Mitsinghits, wie eingangs erwähnt erhoffte, doch seien wir ehrlich, davon haben AMORPHIS mittlerweile inflationär viele und das somit auch nicht mehr nötig. „Queen Of Time“ geht da einen mutigeren Weg, zeigt die Finnen bombastisch und experimentierfreudig wie nie, lässt aber zu jeder Sekunde unmissverständlich verstehen, dass man es hier mit AMORPHIS zu tun hat. Ein bombastisches Werk, das seine Zeit braucht, diese aber dann vollends belohnt.
Tracklist "Queen Of Time":
1. The Bee
2. Message In The Amber
3. Daughter Of Hate
4. The Golden Elk
5. Wrong Direction
6. Heart Of The Giant
7. We Accursed
8. Grain Of Sand
9. Amongst Stars
10. Pyres On The Coast
Gesamtspielzeit: 57:13