Musikalische Meisterwerke, bombastische Musikvideos und Welttourneen haben EDENBRIDGE den Status eingebracht, den sie heute haben. Und auf dem wird es sich auch während einer weltweiten Pandemie natürlich nicht ausgeruht. Aber wie geht es den beiden Masterminds hinter dem Projekt nach so einem Jahr und was wird in ihrem gar nicht so stillen Kämmerchen geplant, um die Fangemeinde zukünftig zu erfreuen? Wir haben versucht es für euch herauszufinden:
Hallo! Ich freue mich sehr über die Gelegenheit, euch ein paar Fragen zu stellen! Wie geht es euch?
Sabine & Lanvall: Alles gut so weit, danke.
Für Musiker und auch für die Fans ist die derzeitige Situation teilweise sehr belastend. Wie geht ihr damit um?
Sabine: Wir hatten die Jahre zuvor eine sehr intensive Zeit erlebt. Lanvall und ich leben hier am Land in einem schönen Haus mit Garten und die Jungs sind ebenfalls entspannt. Uns persönlich geht es also gut und wir machen weiterhin unsere Arbeit am neuen Album und ich arbeite zusätzlich in meinem Stimmatelier. Im Moment mit meinen KlientInnen noch per Zoom, MS-Teams oder Skype. Wenn wir uns also beschweren würden, dass unsere Europatour nicht zustande gekommen ist, wäre das Jammern auf hohem Niveau.
Allerdings fühle ich sehr stark mit anderen, die es nicht so gut erwischt haben, die vor dem Nichts, stehen, Schulden anhäufen und dabei sind, ihre Existenz zu verlieren. So bin ich also weit davon entfernt zu sagen, dass es mir gut geht. Es ist alles nicht verhältnismäßig und vor allem erschreckend wie sich die Menschen spalten lassen. Es ist genauso wie wir in unserem Text in „Dynamind“ 2019 vorweggenommen haben. Wir sollten darauf achten, uns auf einem Niveau auszutauschen, sodass wir uns nachher noch in die Augen sehen können. Es geht um die Balance beider Gehirnhälften, ein Ausgleichen gegensätzlicher Sichtweisen um dahinter blicken zu können. Dieser Erkenntnisgewinn wird uns langfristig bewusstseinsmäßig weiterbringen wird. Es geht auch darum erwachsen zu werden und Eigenverantwortung zu übernehmen. Für mich ist es manchmal auch schwierig positiv zu bleiben, wenn ich die vielen erschütternden Berichte verfolge. Tief im Inneren vertraue ich dennoch darauf, dass diese Höherentwicklung unausweichlich ist. Wir Menschen, jeder für sich und als Kollektiv, haben es in der Hand wie lange es dauern wird.
Es werden ja immer noch haufenweise Konzerte abgesagt und einige Festivals wurden auch schon auf 2022 verschoben, wie etwa das Kaltenbach Open Air! Was glaubt ihr, wann können wieder Konzerte und Festivals stattfinden bzw. wie sehen aktuell eure Pläne aus?
Lanvall: Wir haben bereits im November alle geplanten Liveaktivitäten auf April 2022 verschoben. Ursprünglich wollten wir ja im April/Mai 2020 mit VISIONS OF ATLANTIS auf Europatour gehen. Falls also 2022 wieder Konzerte unter „normalen“ Bedingungen stattfinden können, dann werden die im Zuge unseres kommenden Studioalbums sein, das wir dann präsentieren werden. Einige Gigs haben wir ja schon fixiert, wie am 28.4. in Wien und am 30.4. in der Spinnerei in Traun.
Einige Bands bieten ja Online-Konzerte an, und es gibt auch Pläne für Online-Festivals, so wie es zum Beispiel Wacken letztes Jahr gemacht hat. Wäre das für euch ein gangbarer Weg oder wollt ihr mit Konzerten so lange warten, bis sie wieder vor echtem Publikum möglich sind?
Lanvall: Zweiteres. Die Online-Konzerte waren anfangs vielleicht interessant, das Ganze hat sich aber relativ schnell abgenutzt und ich kann ganz ehrlich gesagt gar nichts damit anfangen. Echte Live-Konzerte sind eben durch nichts zu ersetzen.
Einige Locations, wie etwa die Szene Wien, haben ja schon angekündigt, dass in Zukunft nur noch geimpften Besuchern der Zutritt gewährt wird. Wie steht ihr dazu?
Lanvall: Eine Impfentscheidung muss in einer Demokratie immer auf freiwilliger Basis sein. Zudem würde dadurch eine Zweiklassengesellschaft entstehen, die einer Demokratie eindeutig widerspricht. Grundgesetze dürfen nicht mal im Ansatz in Frage gestellt werden.
Kürzlich erschien mit „The Chronicles Of Eden Pt.2“ ein großzügiger Überblick über euer musikalisches Schaffen. Wie ich gelesen habe, durften die Fans voten, welche Songs darin aufgenommen werden sollten. Wie waren die Reaktionen auf diese Abstimmungsmöglichkeit?
Lanvall: So wie schon beim ersten Teil sehr gut. Interessant war, dass die Fans in erster Linie die „Hits“ und die wie schon erwähnten epischen Longtracks favorisierten. Insofern hätten wir da ähnlich entschieden, weil Songs wie „Higher“, „Alight A New Tomorrow“, „The Moment Is Now“, „Live And Let Go“, „Shiantara“ und „On The Other Side“ natürlich enthalten sein mussten, weil sie durch die vorhandenen Videoclips natürlich größere Bekanntheit haben, als andere. Von der musikalischen Vielfältigkeit sind es aber natürlich die Longtracks, die die ganze Bandbreite unseres Sounds repräsentieren. Zum Song „Tauerngold“ erschien ja im Dezember ein Lyric Video mit den großartigen Luftbildern der „Hohen Tauern“ von Georg Riha. Die Bilder stammen allesamt aus der Serie „Über Österreich-Juwele des Landes“, bei der ich seit 2014 im Komponistenteam bin. Sie dokumentiert Österreich aus der Sicht eines Adlers. Es liefen bereits vier Staffeln und die Serie wurde in etliche Länder der Welt verkauft. Zudem hatten wir damit die besten Quoten und Zuschauerreaktionen aller Zeiten auf dem Kulturspartenkanal ORF3. Die letzten beiden Staffeln hatten mit unserem Skikaiser Franz Klammer und Altbundespräsident Heinz Fischer auch prominente Präsentatoren.
Es finden sich darauf auch einige neue Versionen bereits bekannter Songs. Wann habt ihr die aufgenommen und was war die Idee dahinter?
Lanvall: Die neuen Versionen haben wir alle im Laufe des Jahres 2020 aufgenommen. Ganz besonders spannend finde ich unsere jazzig angehauchte Akustikversion unseres größten Hits „Higher“. Ich spielte dabei mit den Akkorden herum und baute sie allesamt in so genannte „Altered Chords“ um, die vorwiegend im Jazz Verwendung finden. Natürlich sollte der Song immer noch erkennbar bleiben, aber eben in eine ganz neue Richtung gehen. So hat sich auch die Gesangslinie verjazzt. Ein Journalist fühlte sich an eine rauchige Bar in New York City in den 20er Jahren erinnert. „Mission Accomplished“, würde ich sagen. Genau dieses Feeling wollte ich mit der Version erreichen. Wir haben dazu auch einen Videoclip abgedreht, der wie ich finde sehr stimmig geworden ist. „Paramount“ war neben „Higher“ der zweitbeliebteste Song insgesamt bei den Fans und so war es klar, dass auch er eine Bearbeitung in akustischer Form verdiente. Die Version ist vielleicht etwas weniger spektakulär als „Higher“, aber dennoch interessant genug, wie ich finde. Die „Easter Version 2020“ von „Dynamind“ war ein besonderes Anliegen von Sabine. Sie nahm den Song nochmal komplett neu auf.
Sabine: Ja der Song war mir tatsächlich ein besonderes Anliegen und ich musste Lanvall zu Ostern noch überzeugen, dass der auf Video muss. Ich spürte, dass ich ihn nun noch mit anderer Intention singen konnte und es war auch fast ein „One Take“. Wir haben das mit zwei Handys bei uns im Studio gefilmt. Ganz easy alles und ohne Schnick Schnack.
Laufen schon Arbeiten an einem neuen Studio-Album, oder gibt es aktuell erst andere Pläne?
Lanvall: Ja, ich habe bereits über 30 Minuten Musik für das nächste Album fertig. Ziemlich heavy für unsere Verhältnisse und mit jeder Menge an Überraschungsmomenten, man darf also gespannt sein. Zuerst gilt es allerdings einen neuen Vertrag zu verhandeln, da unser Deal mit SPV ausgelaufen ist.
Manche Bands nehmen ja bereits sogenannten Covid19-Alben mit der entsprechenden Thematik auf. Wird das auch bei neuen Songs Thema werden?
Lanvall: Nein, davon geh ich nicht aus, zumindest nicht vordergründig. Sabine und ich werden die textliche Seite des Albums hoffentlich bald in Angriff nehmen.
Sabine: Die Musik und unsere Texte sind immer Inspiration und kommen somit nicht von der reinen Verstandesebene. Der Verstand ist ein wichtiges Instrument, aber er dominiert in unseren Breitengraden leider zu sehr. Dem kann man nur begegnen, indem man ihm nicht noch mehr Stoff gibt zum Nachdenken und Argumentieren aber stattdessen ein Gefühl, für das was dahintersteht. Für das was wirklich wichtig ist. Dafür steht EDENBRIDGE als Band schon mit ihrem Namen.
So ein Best-Of dient ja auch dazu, die Karriere Revue passieren zu lassen, welche ganz großen Highlights oder auch Tiefs fallen euch da spontan ein?
Lanvall: Nun die Tatsache, dass wir seit 20 Jahren dabei sind und konstant aktiv waren ist glaube ich schon Highlight genug. Dass wir dabei dann noch die halbe Welt gesehen haben, macht die Sache umso schöner. Etliche Europatourneen, unsere Show in Moskau, die zwei China- und Südkoreatourneen, Indonesien, Vietnam, die beiden 70000 Tons of Metal Kreufzahrten, Sabines Guestappearance in Brasilien u.u.u.
Das Allerwichtigste ist aber die Musik auf den zehn bisher veröffentlichten Studioalben und solange die fließt, wird Edenbridge auch weiter Bestand haben.
Natürlich gab es auch das eine oder andere Tief, aber nichts was die Band jemals in Gefahr bringen hätte können.
Woher nehmt ihr die Inspiration für eure Songs?
Lanvall: Ja, wenn ich das manchmal selber wüsste. Jedes Mal, wenn ein Album vollendet ist, scheint es einem unmöglich nochmal eines zu schreiben, weil man ja mehr oder minder mit einem weißen Blatt Papier beginnt. Für mich ist es essentiell so viel als möglich in der Natur (vorwiegend den Bergen und am Meer) und auf Reisen zu sein. Es war fantastisch, dass Sabine und ich im Jahr 2019 und Anfang 2020 die Tourneen immer mit privaten Aufenthalten kombinieren konnten. So kamen wir nach Rio de Janeiro, Hong Kong und Disney World und den Universal Studios in Orlando. Und ich bin heilfroh, dass wir das alles noch machen konnten.
Viele Menschen leiden bewusst oder unbewusst sehr unter der derzeitigen Situation. Was glaubt ihr, wie sehr Musik in diesem Fall als Heilmittel dienen kann?
Sabine: Ich bin der Überzeugung, dass die Emotionen raus müssen. Trauer, Wut, Ärger und Ängste haben immer ihre Berechtigung, wenn sie gefühlt werden, ganz unabhängig davon, ob sie uns vom Thema her angebracht erscheinen. Der Verstand bewertet da oft zu schnell und verhindert somit das natürliche Empfinden. Gefährlich für uns selbst aber mitunter auch für das Gegenüber wird es nämlich dann, wenn man beginnt Gefühle zu ignorieren und irgendwann gar nicht mehr wahrnimmt. Das führt zu Erstarrung und weiter zu Unverhältnismäßigkeiten in Reaktionen und es verhindert langfristig, dass wir auch schöne Gefühle wahrnehmen können. Wenn der freie Fluss vom Gefühl nicht gewährleistet wird, tritt Stagnation z.B. in Form von Verspannungen ein. Plötzlich geht es uns nicht gut und wir wissen oft gar nicht so genau warum. Das kann dann leider auch Grundlage für Krankheit werden. Natürlich ist auch nicht gemeint, dass nun jeder seiner Wut in diesem Sinne freien Lauf lassen soll um seinem Gegenüber verbal gleich eines drüber zu ziehen. Da ist es besser vorher einmal tief durchzuatmen und alles mit Abstand zu betrachten. Aber danach ist es wirklich notwendig sich seinen Gefühlen wieder zu widmen und genau das kann Musik bestens unterstützen. Wenn wir uns von Musik berührt fühlen und uns dessen auch nicht schämen, tun wir gleichzeitig sehr viel für unseren emotionalen Ausgleich. Auch ist es sehr befreiend selbst zu singen, was ich jedem nur empfehlen kann. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Singen sich äußerst positiv auf das Hormonsystem auswirkt. Die Instrumentalversionen bei unseren Alben werden gerne für Karaoke verwendet. Zu guter Letzt kann man bei mir auch Gesangsstunden buchen.
Was tut sich abseits von EDENBRIDGE mit euren weiteren Projekten, Produktionen und Soundtracks?
Lanvall: Ich habe 2019 zur 800 Jahr Feier der Stadt Freistadt eine 25-minütige Symphonie für großes Orchester, Chor und E-Gitarre als Auftragswerk komponiert. Die Uraufführung mit rund 300 Musikern auf der Bühne wäre im Juni 2020 gewesen. Wann die Aufführung stattfinden kann werden wir sehen, vielleicht klappt es heuer im Juli, wenn nicht dann sicher nächstes Jahr. Zudem kommt rund um Pfingsten die fünfte Staffel von „Über Österreich“ auf ORF3, bei der auch einiges an neuer Musik zu komponieren war.
Ich weiß, es ist eine Zeit, wo man keine definitiven Pläne machen kann, aber was habt ihr euch für die Zukunft vorgenommen?
Sabine: Im Moment versuche ich tatsächlich im Moment zu sein und zu erspüren was für das nächste Album wichtig sein wird. Ich gehe in die Natur, mache Yoga und tausche mich gesangstechnisch in einer Gruppe aus um selbst wieder dazuzulernen und auch für meine Schüler Neues mitzunehmen. Ich würde gerne wieder mehr lesen, aber irgendwie schaffe ich das seit geraumer Zeit nicht mehr. Vielleicht kommt doch die Ruhe dafür wieder.
Darüber hinaus hoffe ich, dass Konzerte bald wieder stattfinden können, zumal ich auch selbst Karten habe, die ich gerne mal einlösen würde.
Und was habt ihr zum Abschluss noch euren Fans zu sagen?
Sabine: Haltet die Ohren steif und ich freue mich, wenn ihr dran bleibt an EDENBRIDGE und euch wieder überraschen lässt von dem was da kommt.
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen, und ich wünsche euch für die Zukunft alles Gute!
Edenbridge ist der Name einer österreichischen Musikgruppe, die im Jahr 1998 von dem Gitarristen Arne „Lanvall“ Stockhammer zusammen mit dem Bassisten Kurt Bednarsky, dem Schlagzeuger Roland Navratil und der Sängerin Sabine Edelsbacher als Frontfrau gegründet wurde.
Stilistisch spezialisieren sie sich auf melodischen und sinfonischen Metal mit progressiven Tendenzen. Sie selbst bezeichnen den eigenen Stil als „Angelic Bombastic Metal“ – und sind somit am ehesten zwischen Bands wie Nightwish und Within Temptation einzuordnen.
Mehr auf: Wikipedia