Über 30 Jahre bringen uns die Finnen von AMORPHIS über ihre Musik die nordische Folklore, inspiriert durch die berühmte Kalevala näher und liefern dabei regelmäßig starke bis grandiose Melodic/Prog/Dark/Death Metal Alben. So sind die Nordmänner nun bei Werk Nummero 14 engelangt und müssen die, gefühlt seit einenhalb Dekaden immer höher gelegte Messlate einmal mehr überspringen. Vor allem die beiden letzten Werk „Under The Red Cloud“ (2015) und „Queen Of Time“ (2018) waren da echte Benchmarks des Genres. Nun soll „Halo“ die Trilogie, die ein loses Konzept über den hohen Norden behandelt, abschließen.
Und wo AMORPHIS draufsteht, ist auch nach wie vor AMORPHIS drinnen. Denn spätestens seit dem Sängerwechsel zu Tomi Joutsen 2004 haben die Herren ihre Trademarks nie vergessen und sogar stetig ausgebaut. „Halo“ ist somit alles was die Band ausmacht, und doch noch etwas mehr. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern, wirkt das neue Album über weite Strecken etwas reduzierter, härter und direkter, lässt die bombastische Schlagseite aber dennoch nicht in Vergessenheit geraten.
Auch dieses Mal schaffen es Mastermind Esa Holopainen und Kalveala-Spezialist und Lyrics-Schreiber Pekka Kainulainen trotz tiefgründiger Musik und Texten, den Hörer sofort zu in den Bann zu ziehen, gleichzeitig aber auch zu fordern. Mit perfekt durchstrukturierten und von Details nur so strotzdenden Komposition, erfreuen AMORPHIS auch dieses Mal wieder die Fans. „Northwards“ startet gleich düster, bedrohlich und spannend mit Cello und orchestraler Atmosphäre, gibt aber sogleich ein gutes Tempo vor. Tomi wechselt stark, wie eh und je, zwischen seinen Growls und den eindringlichen Gesängen, während die Folklore weiterhin irgendwo zwischen der Nordischen und Orientalischen schwankt. Highlight ist dann aber im Verlauf die Hammond Orgel, denn generell gibt sich Tastenakrobat Santero Kallio gefühlt mehr Mühe denn je zuvor darum Abwechslung ins Geschehen zu bringen. So gibt es moderne Synthie-Teppiche im eingängigen „On The Dark Waters“, welches auch durch grandioses Riffing besticht, verträumte Melodien in „The Moon“ oder die klassischen Sounds im hymnischen „A New Land“, bei dem es auch weibliche Backings zu hören gibt.
Anonsten möchte ich noch das gemächlich hypnotisierende „Windmane“, das wie der Name schon andeutet, recht heftige „War“ mit seinen vermehrt orientalisch tönenden Melodien, die verdammt starke „Hymne“ und das flotte Doublebass-Geballer „Seven Roads Come Together“ erwähnen, da diese noch am meisten wagen und den bekannten AMORPHIS-Sound gekonnt erweitern und verfeinern. Aber nicht falsch verstehen, das restliche Material kann das unglaublich hohe Niveau, das die Finnen schon seit einigen Jahren konstant höherschrauben, auch mühelos halten. Abgerundet wird das Ganze durch die glasklare und druckvolle Produktion von Jens Bogren.
So haben AMORPHIS wieder alles richtig gemacht und liefern ein weiteres Meisterwerk, das sich nahtlos in die Discografie einreiht und wieder ein paar neue Facetten und Details mitbringt, auf die Welt gebracht. Was viele schon vor zehn Jahren für unmöglich gehalten haben, ist einmal mehr eingetreten, denn die Ausnahmeband hat sich einmal mehr übertroffen.
Tracklist "Queen Of Time":
1. Northwards
2. On The Dark Waters
3. The Moon
4. Windmane
5. A New Land
6. When The Gods Came
7. Seven Roads Come Together
8. War
9. Halo
10. The Wolf
11. My Name Is Night
Gesamtspielzeit: 57:46