Nach 30 Jahren, zahlreichen Auflösungen und Neugründungen sowie noch viel mehr Besetzungswechsel ging bei den Industrial Urgesteinen FEAR FACTORY im vergangenen Jahr mit „Aggression Continuum“ eine Ära zu Ende. Mastermind Dino Cazares und Sänger Burton C. Bell trennten sich (angeblich) endgültig. Fans hoffen nach wie vor, dass sich die beiden Herren wieder zusammenraufen, denn Dino hat bis heute keinen Nachfolger angekündigt, obwohl Burton offiziell bereits ein Jahr vor Release des elften Longplayers nicht mehr Teil der Truppe war.
Außerdem kann ich mir persönlich und sicher viele andere Fans FF ohne Bell irgendwie so gar nicht vorstellen. Aber es gab ja schon viel schwierigere Sängerwechsel, die geglückt sind, also bleibt es spannend. Dass jetzt „Aggression Continuum“ nun doch nicht das letzte Album mit dem markanten Sänger und Shouter ist, überrascht mich nun ein Jahr nach dem letzten Studio-Album doch etwas und ist für mich auch ein Zeichen, dass man entweder noch keinen würdigen Nachfolger gefunden hat, oder im Hintergrund vielleicht doch verhandelt.
„Recoded“ heißt das neue Werk und greift eine 25 Jahre alte Idee wieder auf, die man einst mit dem (für mich immer noch) stärksten Album der Bandgeschichte „Demanufacture“ und dem Remix-Pendant „Remanufacture“, verwirklichte. „Recode“ ist also der EDM-Bruder von „Aggression Continuum“ und wurde von Größen wie ZARDONIC, Rhys Fulber (DELERIUM), DUALIZED, TYRANT OF DEATH, ROB GEE und BLUSH_RESPONSE gemeinsam mit Cazarez durch die Mangel genommen.
Herausgekommen ist ein spannendes, wie unterhaltsames Werk, das den Songs vom letzten Werk, die allesamt neue Titel erhalten haben, durchaus gerecht wird. Natürlich braucht man schon eine Affinität für elektronische Genres, aber die bringt man als echter FF-Fan vermutlich sowieso mit.
Die Bandbreite ist groß, denn gerade Federico Agreda aka ZARDONIC ist bekannt dafür ein Gespür dafür metallische Sounds mit elektronischen Beats auszustatten und da leisten er und seine Kollegen überaus gute Arbeit. Von heftigem Dubstep, Drum’n‘Bass über Hardstyle bis zu tanzbarem Disco-Techno ist hier alles vertreten. Bei „Worthless“ fühlt man sich ob der C64-Synthies sogar in die 80er versetzt, während „Empires Fall“ förmlich Stahl riechen und spüren lässt, als käme der Terminator gleich um die Ecke, um nach dem Dancefloor zu fragen.
Der Mix aus Soundtrack und Hymne ist für mich eines der Highlights. Burtons Shouts und eingängigen Gesänge wurden stets gekonnt reingemixt. Auch der Original-Song ist jeweils gut herauszuerkennen, und doch handelt es sich hier gefühlt um komplett neue bzw. andere Kompositionen. Mit dem Titeltrack „Recode“ und dem gesprochenen Intro: „I must not fear – fear ist the mindkiller – when the fear ist gone, only I remain”, schließt man den Kreis in die Vergangenheit und beendet das Album mehr als gekonnt.
„Recoded“ wird nicht jedem Fan schmecken, jedoch zeigen sich FEAR FACTORY hier kreativ und mutig wie schon lange nicht mehr und liefern ein Album, das einfach Bock macht und mit dem Mix aus Metal und Electro als perfekter Benchmark für die heimische Anlage herhalten kann.
Tracklist „Recoded“:
1. Adapt Or Die
2. Hatred Will Prevail
3. Disobey
4. I Am the Nightrider
5. Path to Salvation
6. Worthless
7. Empires Fall
8. System Assassin
9. Hypocrisy of Faith
10. This Is My Life
11. Recoded
Gesamtspielzeit: 52:04