Agriculture - The Spiritual Sound
AGRICULTURE
The Spiritual Sound
(Post Black Metal | Avantgarde Black Metal)

 


Label: The Flenser
Format: (LP)

Release: 03.10.2025


Dies ist wohl eines der schwersten Reviews des gesamten Jahres. Polarisierende Bands und Alben vorzustellen, ist oft schwer, da es hart sein kann das ganze Musikwerk möglichst neutral zu betrachten und nicht zu voreingenommen positiv oder negativ zu urteilen. AGRICULTURE sind so ein Fall, entstammen sie doch der sowieso recht traditionell verhafteten Strömung des Black Metal. Und wie jeder weiß, sind Black Metal Puristen äußerst schwer von neueren thematischen und musikalischen Ansätzen zu überzeugen.

Die jungen Amerikaner aus Los Angeles bringen Seiten in ihren schwarzen Metal, die an sich dort eher selten anzutreffen sind. Es geht um spirituelle Meditation und einen bandinternen Queerness Hintergrund. Musikalisch ist Black Metal nur mehr die Grundidee und der Nährboden des zweiten Albums „The Spiritual Sound“. Die herauszuhörenden Einflüsse reichen von Death Metal über Math Rock hin zu Punk und Folk. Aber wenn man sich auf dieses Album einlässt, gibt es einem unfassbar viel zurück und bricht jegliche Genregrenzen auf. AGRICULTURES größte Errungenschaft mit „The Spiritual Sound” ist definitiv das Aufzeigen von der Wirklichkeit, dass es in der Musik keine Grenzen braucht.

„My Garden“ ist wahrlich grenzenlos wild und ungestüm. Der Song ist ein verrücktes Durcheinander an dissonanten Gitarren, schepperndem Bass, Blastbeat und krächzenden Vocals. Dazwischen geben die Drums aber dann doch immer eine gehörige Portion Groove mit und der clean gesungene Refrain ist gelinde gesagt unerwartet. Der Song ist gerade als Opener schwere Kost, aber das kennt man bereits von AGICULTURES Debütalbum. Die Frage stellt sich, ob man sich von „The Spiritual Sound” nicht doch zu viel erhofft hat.

Die Antwort ist ganz klar: „Nein“. Die folgenden Stücke „Flea“ und „Micah (5:15am)“ sind mit unter den besten extremen Metal Songs der letzten Jahre. Ersterer startet wie ein Höchstgeschwindigkeitszug, mit melodischem Tremoloriffing und Post-Black Metal Vocals im Sinne von WIEGEDOOD. Im Mittelteil folgt eine Shoegaze Einlage bevor der Black Metal in seiner schönsten harmonischen Raserei zuschlägt. Das Gitarrensolo auf Blastbeat Untergrund ist schlicht und einfach genial.

Zum ersten Mal erschaffen die Amerikaner ganz Soundflächen und Landschaften, es gibt starke Post Metal Einschläge, und der Song setzt sich im Gehörgang unwiderruflich fest. Die Genialität von AGRICULTURE ist der fließende Übergang in das nächste Stück Micah (5:15am) wie aus einem Guss. Der Track ist voller sensationeller Harmonien, schneller Melodien über fast Post-Hardcore Vocals und treibenden Drums. Wir befinden uns hier am Höhepunkt des Albums und die Band erreicht hier ihre vollendete Form.

Das dröhnende Basslick zum Ende von „Micah (5:15am)“ findet sich dann auch immer wieder im darauffolgenden „The Weight“. Es sind solche Kleinigkeiten, welche die Detailversessenheit der jungen Truppe aufzeigen. Der Song ist eher im langsameren intensiven Sektor angesetzt. Dissonante, teils kreischende Gitarren verstören und brechen dann in noisigen Passagen auf. „Serenity“ wildert stark im Post- Black Metal und pflügt sich durch drei Minuten voller melodischen Tremolos und Blastbeats.

Der zweite Teil des Albums ändert seinen Charakter. AGRICULTURE nehmen sich und die Härte ihrer Songs zurück und verfallen in melancholische Stimmungen. Die Sound Snippets von „The Spiritual Sound” führen direkt in den Shoegaze von „Dan’s Love Song”. Gemeinsam mit dem leisen akustischen, fast folkigen „Hallelujah” brechen sie die Stimmung von „The Spiritual Sound“ auf, passen aber im gesamten Konzept trotzdem perfekt in den Fluss des Albums.

Schon fast zum Ende des Albums bringen AGRICULTURE wie aus dem Nichts mit „Bodhidharma” einen weiteren Höhepunkt. Das Stück ist zerbrechlich, mit feiner weiblicher cleaner Stimme gesungen, bevor die Post-Metal Gitarrenwände die Schönheit im wahrsten Sinne des Wortes auffressen und fieses Gekrächze nichts als Dunkelheit bringen. Der Mittelteil nimmt dann alle Geschwindigkeit raus und man findet sich wie in einer Meditation zu Gitarrenklängen vibrierend.

„The Reply“ bringt „The Spiritual Sound” zu einem ruhigeren Ende. Das Stück ist zwar schnell und Blastbeats beherrschen anfangs den Rhythmus. Trotzdem wirkt der Song in sich ruhiger und geerdet. Ein perfekter Abschluss für ein fast perfektes Album.

Das ist die Zukunft des extremen Metals. Ob AGRICULTURE nun Black Metal sind oder nicht ist eigentlich vollkommen egal. Die Musik ist wild, hart, brutal, schnell und pure Ekstase. Die Band traut sich viel zu und wird die Musiklandschaft auf die eine oder andere Weise umkrempeln. Was BLOOD INCANTATION im Death Metal sind, könnte hier gerade im schwarzmetallischen Bereich entstehen.

Autor*in: Michael Wimmer


Tracklist „The Spiritual Sound“:
1. My Garden
2. Flea
3. Micah (5:15am)
4. The Weight
5. Serenity
6. The Spiritual Sound
7. Dan’s Love Song
8. Bodhidharma
9. Hallelujah
10. The Reply
Gesamtspielzeit: 43:59

 


Band-Links:

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Agriculture - The Spiritual Sound
AGRICULTURE – The Spiritual Sound
LineUp:
Dan Meyer (Guitars, Vocals)
Richard Chowenhill (Guitars)
Leah B. Levinson (Bass, Vocals)
Kern Haug (Drums)
9.5
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