Kaum überschreitet man die 40, schon lehnt man sich zurück, lässt die Seele baumeln und streift die Erinnerung vergangener Tage. BON JOVI bestätigen ein weit verbreitetes Klischee und interpretieren damals gemachte Erfahrungen neu. Man ist reifer geworden und wagt auch mal den Schritt weg vom Gaspedal mit „This Left Feels Right“.
Ja, was heißt es dieser Tage denn, ein „Unplugged-Album“ rauszubringen? Absolut stromfrei auszukommen? Wohl kaum. „Unplugged“ setze ich gleich mit Smoothness, also Musik, die man auch mal der Omi vorspielen kann, ohne dass diese glaubt, dass sich rückwärts gespielt satanische Psalmen offenbaren.
BON JOVI gehen sogar noch einen Schritt weiter und drehen sich statt 90 um satte 180 Grad: Mir liegt eine vollkommen neue Interpretation der bekanntesten BON JOVI-Klassiker vor. Ein gefährliches Pflaster, auf das man sich hierbei begibt, da hat sich nicht nur einer schon verbrannt.
Unter den Liedern befinden sich „Wanted Dead Or Alive“, „Bad Medicine“ oder Kultschnulzen wie etwa „Bed Of Roses“ oder „Always“. Der Fokus liegt eher auf den 80er-Jahren, also der frühen Schaffensphase der vier Rocker, natürlich dürfen aber auch neuere Gassenhauer wie „It’s My Life“ nicht fehlen. Überraschenderweise ist vom 1995er Album „These Days“ nichts vorhanden, obgleich sich sicherlich die eine oder andere Nummer davon auch gut integriert hätte.
Man geizt nicht mit Facettenreichtum und sprengt somit einige hinderliche Fesseln, die sich wohl manchmal in der zünftigen Welt des Rocks ergeben. Gleich beim Opener „Wanted Dead Or Alive“ gesellt sich zur Strophe eine nette Triphop-mäßige Untermalung des Schlagzeugs und verzerrter Gesang. Bei „Everyday“ startet man sehr smooth mit Synthi-Streichern und Dub-ähnlichen Effekten, um dann im Refrain doch nett, aber maßvoll zu rocken.
Die Liste der durchwegs gelungenen Einfälle lässt sich ad infinitum führen, trotzdem bleiben die absolut charakteristischen Merkmale der Lieder irgendwie, aber irgendwie auch nicht erhalten. Mein absoluter Favorit ist das Duett mit OLIVIA D’ABO („Livin’ On A Prayer“), bei dem die sanfte Rockröhre BON JOVIs auf engelsgleichen Gesang trifft.
Mich hat diese durch und durch gefühlvolle Platte absolut in ihren Bann gezogen, da kommt der Winter sicher auch nicht ungelegen, sich mit seiner besseren Hälfte mal vor den Kamin zu setzen und ein Schlückchen Rotwein zu trinken. Die-hard-Fans könnten mit der Renovierung des alten Materials durchaus Probleme bekommen, das fällt aber für mich unter „Kollateralschaden“, denn ich möchte „This Left Feels Right“ in meinem Regal der Unplugged-CDs nicht missen.
Tracklist „This Left Feels Right“:
1. Wanted Dead Or Alive
2. Livin¸ On A Prayer (featuring Olivia D´abo)
3. Bad Medicine
4. It¸s My Life
5. Lay Your Hands On Me
6. You Give Love A Bad Name
7. Bed Of Roses
8. Everyday
9. Born To Be My Baby
10. Keep The Faith
11. I¸ll Be There For You
12. Always
Gesamtspielzeit: 57:10
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