CREMATORY ist eine der bekanntesten Gothic Metal Bands aus Deutschland. Sie wurde bereits 1991 von Drummer Markus Jüllich ins Leben gerufen und abgesehen von einer 2jährigen Trennung ab 2001 waren sie immer aktiv. Es hat sich auch die Bandbesetzung fast unverändert über die Jahre hinweg erhalten. So etwas kommt in der Musikwelt ja äußerst selten vor.
CREMATORY waren sehr fleißig was die Produktion von Alben betrifft – mit „Antiserum“ haben sie bereits ihr 12. Studioalbum abgeliefert. Sie haben sich immer wieder musikalisch ein bisschen verändert, aber im Prinzip sind sie ihrer Linie treu geblieben.
Nun hatte ich die Gelegenheit, ein Interview mit dem Drummer und Bandleader Markus Jüllich zu führen und er hat mir sehr ausführlich auf meine Fragen geantwortet.
Hallo Markus, wie geht’s dir denn?
Gut, ich bin heute fleißig hier am Interviews machen, freu mich, lerne nette Leute kennen, alles prima! Es gibt auch viele schriftliche Anfragen die per E-Mail kommen, in erster Linie von ausländischen Magazinen, und mir bluten schon die Finger vom vielen Tippen, da ist es eine schöne Abwechslung, auch mal zu telefonieren. Mir ist es ohnehin lieber, mit jemandem persönlich zu sprechen als nur zu schreiben.
Dann starte ich einmal mit meinen Fragen:
Wie ist eigentlich euer Bandname entstanden?
Och, das ist relativ einfach. Wie wir damals die Band gegründet haben, ist unser Sänger der Felix, der auch relativ gut zeichnen kann, zu verschiedenen Bandproben gekommen und hatte immer mal verschiedene Namen und Schriftzüge gezeichnet, und irgendwann kam dann CREMATORY und der Schriftzug war auch ganz schön damals, wir dachten das passt ganz gut und dann haben wir uns dafür entschieden.
Das Krematorium ist ja an und für sich eine Sache, mit der man nicht so gern zu tun hat.
Na gut, damals als wir begannen mit der Band, waren wir ja eigentlich eine melodische Death Metal Band und da schien uns der Name ganz gut zu passen.
CREMATORY gibt es nun schon seit fast 23 Jahren. Die meisten Bands halten keine so lange Zeit durch. Wie ist es euch gelungen?
Das war die Unterstützung unserer Fans natürlich, denn wenn die Leute keine CDs kaufen würden, dann wäre es ja auch uninteressant für eine Plattenfirma eine Band wie CREMATORY zu promoten. Also haben wir quasi alles, was wir erreicht haben und die lange Lebensdauer unserer Band ausschließlich unseren Fans zu verdanken, die uns halt lange Jahre unterstützt haben und uns treu geblieben sind.
Ihr wart ja zwischendurch auch einmal getrennt – wie kam es dazu und was hat euch dazu bewogen, doch wieder weiter zu machen?
Das war halt so, dass wir damals zu Beginn 2000 schon 10 Jahre von der Band gelebt haben. Anfang 2000 ging es dann los mit dieser CD-Kopiererei, wodurch der Musikmarkt fast um 50 % eingebrochen ist, für uns war es dann damals nicht mehr möglich von der Musik zu leben und wir haben gesagt, halbherzig wollen wir nichts machen – entweder richtig oder gar nicht – und wir waren damals alle knapp 30 und wir haben uns gesagt, die großen Rockstars wie METALLICA werden wir nicht mehr, also besinnen wir uns auf die Wurzeln. Wir mussten unser Leben in den Griff kriegen – Job, Wohnung und die Miete bezahlen zu können. Und da haben wir uns damals entschieden mit der „Remind“-CD, so eine Art Rückblick oder Best-Of zu machen und wir haben gesagt, wir machen noch eine Art Abschiedstournee und dann war eigentlich das Thema für uns erledigt.
Dann war´s halt so, dass der Markus Staiger an uns herantrat, also wir hatten damals noch eine Option bei Nuclear Blast zu erfüllen, aber wenn es die Band nicht mehr gibt, können die nichts mehr machen. Aber da wir halt auch privat befreundet sind und des Öfteren Kontakt hatten und Blast damals mehrere Tribute-Alben gemacht hatte, da hat er immer bei mir nachgefragt, dass ich mal so eine Nummer machen sollte und da hab ich immer dankend abgelehnt, bis zu dem Zeitpunkt wo er wieder mal bei mir war zum Grillen und gesagt hat: „Wir machen jetzt hier einen METALLICA-Tribute und ich hätte euch da gerne mit dabei.“ Zu der Zeit hatten wir fast drei Jahre nichts mehr gemacht und METALLICA war halt was anderes. Darauf hab ich mal mit den Jungs gesprochen dass wir für ein paar Tage ins Studio gehen um die Nummer „One“ von METALLICA für das Tribute-Album aufzunehmen. Da waren alle begeistert und wir haben beschlossen, das zu machen. Und das war dann das Unheil, denn nach der Veröffentlichung des Albums wurden auch Stimmen laut „CREMATORY is back“ was wir aber dementiert haben und wir haben erklärt, dass es nur eine einmalige Geschichte sei.
Es gab halt dann hunderte Fanbriefe usw. was natürlich auch die Plattenfirma mitgekriegt hat und dann kam halt Nuclear Blast und hat uns gebeten, doch weiterzumachen. Wir hatten halt durch dieses Tribute-Teil wieder etwas Blut geleckt, aber wir hatten Familie und Kinder und da war alles nicht so einfach. Und da haben wir uns darauf geeinigt, dass wir CREMATORY als professionelle Hobbyband betreiben, ohne Verpflichtung zu jährlichen neuen Alben oder Tourneen, sondern wir spielen an ausgewählten Wochenenden oder Brückentagen. So haben wir uns verständigt und so kam ein paar Jahre später mit „Revolution“ das Comeback-Album.
Ich verstehe, dass ihr euch zum Aufhören entschlossen habt, nachdem ihr von der Musik nicht mehr leben konntet.
Das war ein schwerer Schritt. Keine Entscheidung vom Herzen her sondern es war eine Entscheidung vom Kopf her, weil wenn du dann deine Miete nicht mehr bezahlen kannst und du hast nix zu Fressen und keine Saiten mehr einkaufen kannst oder Trommelstöcke, dann wird’s halt blöd. Und wir haben uns dann darauf geeinigt, wir wollen nicht zusehen, wie die Band langsam zugrunde geht, sondern lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wir hatten 10 tolle Jahre gehabt und waren sehr dankbar dafür, was wir erleben durften, aber es ging halt leider nicht mehr und wir mussten gucken, dass wir unser Leben in den Griff kriegen.
Ihr habt eure Musik im Verlauf der Jahre weiterentwickelt, was für eine Band ja auch extrem wichtig ist. Seid ihr jetzt dort angekommen, wo ihr hin wolltet, oder wollt ihr auch weiterhin experimentieren?
Das weiß ich noch gar nicht, weil ich ja nicht weiß, was die Zukunft noch bringt. Welche technischen Möglichkeiten es in der Zukunft gibt, vielleicht einen elektronischen Dudelsack der Schlagzeug spielt, keine Ahnung! Das kann ich dir gar nicht sagen. Also in dem Moment wo wir uns entscheiden, ein neues Album zu machen, setzen wir uns mit der Band zusammen und erarbeiten praktisch so einen Arbeitstitel. Zum Beispiel beim neuen Album war der Arbeitstitel „EBM-Metal“.
Wir wollten EBM-Keyboards, -Samples und –Sounds mit unserer traditionellen CREMATORY-Richtung kombinieren und so ist das Ganze entstanden. Wir sind da sehr offen und entspannt, wir gucken, zu was haben wir Bock, und dann setzen wir uns zusammen und entscheiden im Team wo die Reise hingeht. Aber im Prinzip ist es ja so und war es auch immer so, dass da wo CREMATORY draufsteht auch CREMATORY drin ist. Es ist nicht so, dass wir unbedingt etwas komplett Experimentelles machen wollen um unseren musikalischen Trieb zu befriedigen, sondern die Roots von CREMATORY sind immer klar, es gibt da nur so einzelne Verfeinerungen und Verschönerungen von Album zu Album.
Ist das Schaffen neuer Songs Gemeinschaftsarbeit oder sind nur einzelne Bandmitglieder daran beteiligt?
Also arbeiten müssen alle, aber das geht halt Schritt für Schritt. Beim neuen Album war es so, dass wir mit dem Elmar von ZENTRUM zusammengearbeitet haben, weil EBM-Sound doch was ganz anderes ist, als wir immer gemacht haben. Er ist ein guter Freund von uns und wir haben auch schon bei „Revolution“ mit ihm zusammengearbeitet. Wir wollten auf dem neuen Album wieder diese EBM-Sounds haben, aber düsterer und fetter. Der Elmar hat uns die Sounds und Samples so gemacht wie wir wollten, die dann die Katrin mit Melodien gespickt und verfeinert hat, und dann kam ich und habe meine Drums dazu kombiniert und danach kam der Matze und machte seine Gitarren drauf wie es am besten passte, und danach kam der Bassist, der sich an der Gitarre orientiert hat, und als alles fertig war, kam der Felix, unser Sänger, der danach die Songs und die Texte geschrieben hat, und danach das Ganze eingesungen hat.
Wie lange habt ihr am neuen Album gearbeitet?
Das ist ein bisschen schwierig. Also wir haben eigentlich schon vor 2 Jahren angefangen. Die Problematik am Anfang war, dass wir vertragsfrei waren und ich musste erst mit verschiedenen Plattenfirmen verhandeln, was sich lange hingezogen hat, weil wir uns halt auch keinen Stress machen wollten. Wir sind ja nicht mehr wie früher wochenlang im Studio, sondern machen nur dann etwas, wenn wir Zeit und Lust dazu haben. Fertig geworden sind wir dann im September letzten Jahres. Wir haben halt auch den Druck nicht wie andere Bands. Wir haben so lange daran herumgetüftelt, bis es uns zu 100 % gefallen hat.
Mir ist aufgefallen, dass die Titel teilweise in Deutsch und teilweise in Englisch sind. Wie entscheidet ihr im Endeffekt, in welcher Sprache ein Titel erscheint?
Das ist alleine dem Felix seine Geschichte. Das entscheidet er alleine, denn wenn er die Lieder hat, dann schreibt er die Texte je nach dem Feeling, das er dazu hat. Es gibt halt Songs die funktionieren auf Deutsch gut und andere wieder besser auf Englisch.
Also diese Variante kannte ich auch noch nicht, dass der Sänger alleine entscheidet, was er singt!
Das hat sich bei uns so eingespielt, dass jeder für etwas anderes verantwortlich ist. Wir arbeiten ja nun schon so lange miteinander, und da gibt es schon blindes Vertrauen in den jeweils anderen.
Welches ist dein persönliches Lieblingslied auf dem neuen Album?
Definitiv „Shadowmaker“! Also es gibt mehrere geile Songs, die viel Potential haben, aber ich war damals dabei, als der Felix das „Shadowmaker“ eingesungen hat und ich hab direkt gesagt, das gibt einen Hit. Wir haben „Shadowmaker“ auch als Single genommen und ein Video dazu gedreht und haben jetzt bei Youtube über 40.000 Klicks dafür. Wir haben den Song auch schon seit Sommer ins Live-Repertoire aufgenommen und die Reaktionen waren toll.
Wie sehr mögt ihr es, live zu spielen?
Davon lebt ja die Band! Durch den Applaus des Publikums und das gemeinsame Abfeiern. Das ist ja das Brot jeden Musikers, auf der Bühne zu stehen und das Feedback des Publikums zu bekommen. Und mit der Bands die einzelnen Songs abzufeiern, das ist das Feeling das du brauchst als Musiker, egal wie klein oder groß die Menge des Publikums ist.
Ihr werdet ja auch am Wacken 2014 spielen – ist das etwas Besonderes für euch vor so vielen Menschen zu spielen?
Das ist immer was Besonderes. Wenn du da auf der Bühne stehst und du siehst diese Menschenmenge, dann kriegst du dieses Kribbeln. Da geht dir schon auch die Muffe, dass du dich nicht verspielst oder so. Da ist man dann schon ziemlich aufgeregt, aber das ist auch das Schöne daran, weil wenn das nicht mehr so wäre, dann ist es ja nichts Besonderes mehr.
Was mögt ihr lieber? Metal-Festivals oder Gothic-Festivals? Wo fühlt ihr euch besser verstanden mit eurer Musik?
Das ist eigentlich egal. Wir fühlen uns in beiden Lagern wohl. Das ist ja auch das Schöne an CREMATORY, dass wir sowohl im Metal-Bereich als auch im Gothic-Bereich Fans haben. Aber auch die Deutschrock-Fans haben in letzter Zeit CREMATORY für sich entdeckt. Ich finde es halt immer schön, wenn wir so eine breite Masse ansprechen können. Es gibt halt einfach Unterschiede zwischen Metal- und Gothic-Festivals, aber wir sind dankbar, dass wir beide Fanlager haben. Du möchtest ja auch nicht jeden Abend Schnitzel haben (lacht). Aber unser Felix hat es auch schon oft geschafft, die Gothic-Fans so richtig mitzureißen.
Euer Felix hat eine Wahnsinnsstimme. Die wirkt auch total ungekünstelt.
Er benutzt vor allem nie Effekte, wie das andere Bands machen. Wenn er spricht, hat er eine ganz normale Stimme, aber beim Singen, da packt er das Volumen aus. Felix ist für mich die Macht auf der Bühne
Gibt es noch etwas, dass du euren Fans mitteilen möchtest?
Ja ich hoffe natürlich, dass das neue Album bei den Fans gut ankommt und dass sie das verstehen, was wir hier gemacht haben mit den elektronischen Sounds. Ich denke, dadurch klingt CREMATORY aktuell, frisch, modern. Also nicht, dass wir alte Knochen sind und ewig das Gleiche spielen. Wir suchen halt immer noch die innovative Herausforderung von Album zu Album um halt immer noch trendy, aktuell und zeitgemäß zu sein.
Dann bedanke ich mich ganz herzlich für das Gespräch und überlasse dich nun den anderen und ich hoffe, deine Finger erfangen sich wieder vom vielen Schreiben.