I wish this kill could make me suffer for good
As the knife goes in, cut across my skin, when my death begins
I wanna know that I was dying for you, I died for youYen
Seit dem Jahr 1995, dem Gründungsjahr von SLIPKNOT, also mitten in den Geburtsjahren des Nu Metal (KORN veröffentlichten ihr Debüt 1996, LIMP BIZKIT ihres 1997 und SYSTEM OF A DOWN legten 1998 nach), hat sich so einiges getan. Die Band ging durch Höhen und Tiefen und läuft gefühlt seit 2001 ihrem Überalbum „Iowa“ nach. Corey Taylor ließen sich jedoch nie unterkriegen. Auch wenn man Paul Gray, dem man „5. The Gray Chapter“ widmete und Ex-Mitglied, Drum Legende Joey Jordison, bereits beerdigen musste und auch so manch anderes Mitglied in den Jahren durch einen anderen maskierten Musiker ersetzen musste, hat die einzigartige Truppe, bestehend aus neun maskierten Freaks, stets weitergekämpft. Und auch die Pandemie konnte der Band, die eigentlich ständig auf Tour ist, nichts anhaben. So erheben sich SLIPKNOT nun erneut mit ihrem siebten Album, mit dem verheißungsvollen Titel „The End, So Far“, welches gut drei Jahre nach „We Are Not Your Kind“ erscheint.
Und da liefern die Herren aus Iowa einmal mehr ein Werk, das polarisieren, aufregen, enttäuschen und begeistern zugleich vermag. Die Maggots sind sich sowieso stets einig, dass sie sich uneinig sind. Und irgendwie fühlt es sich gut an, dass SLIPKNOT auch dieses Mal ihren Wurzeln treu bleiben, aber definitiv nicht auf Nummer Sicher gehen. So kann das ambient ausgefallene Intro-Stück „Adderall“ – benannt nach dem umstrittenen ADHS-Medikament, das in den Staaten gern als Droge konsumiert wird – sogleich überraschen. Abgefahrene, aber doch verträumte Sounds, cleane Vocals, die eher zu STONE SOUR passen und ein ganz eigenes Feeling breiten sich über fast sechs Minuten aus und werden wohl nicht jedem Gefallen. Doch die Chöre und die Atmosphäre zogen mich sogleich in den Bann, ehe mit „The Dying Song (Time To Sing)“ die Welt wieder in Ordnung ist. SLIPKNOT ballern was das Zeug hält, Taylor haut seine Aggro-Shouts raus, weiß im Refrain aber auch mit eingängigen Vocals zu überzeugen. Auch das überaus angepisste „The Chapeltown Rag“ schlägt in eine ähnliche Kerbe. Highspeed-Riffs, tighte Beats und Percussion und ein Chorus zum Mitsingen. Dazwischen herrscht Wut, Verzweiflung und Zerstörung.
Aber die Amis können auch anders wie wir wissen und so fällt „The End, So Far“ dem Titel entsprechend recht düster, teils melancholisch bis hoffnungslos aus. Zwischen den heftigen Metal-Attacken gibt es bereits bei „Yen“ getragene Vocals, Gänsehaut-Atmosphäre und kleinteilige Melodien, Synthies und Sounds im Hintergrund, während der maskierte Fronter eine traurige Geschichte zu erzählen scheint. Dagegen scheint „Medicine For The Dead“ nochmal in Richtung Coreys anderer Band zu schielen, denn ein paar rockige Riffs treffen hier auf verquere, verstörende SLIPKNOT-Sounds und verschiedene Stimmungen, die der Fronter gekonnt transportiert. Und auch „Acdic“ scheint auf Atmosphäre zu setzen, steigert sich aber im Verlauf immer mehr zu einem intensiven, aber zähflüssigen Hassbatzen. „The Sade“ ist ein überraschend geradliniger Hitkandidat.
Aber keine Sorge, denn „Hivemind“, das mit einer Art von Gangshouts ausgestattete „Warranty“, das Highspeed-Geschoss „H377“ oder das mit typisch hackend-stampfenden Beats ausgestattete „Heirloom“ gleichen die ruhigeren Momente mit ihrer Brachialität gekonnt aus.
Das abschließende und passend betitelte „Finale“ startet verträumt mit cleanen Gitarren und Melodien und einem nachdenklichen Corey Taylor in stimmlicher Bestform. Es setzen Streicher ein und man kratzt schon an der Kitschgrenze mit dieser Powerballade, aber stünde da nicht SLIPKNOT drauf, würde keiner hier groß etwas auszusetzen haben. Für mich ein gelungenes Finale, eines sehr erwachsenen, stimmigen und homogenen Albums. „The End, So Far“ wird nicht jedem Fan schmecken, doch fühlt sich das Album nach einer konsequenten Weiterentwicklung an, wenn man bedenkt, dass man es hier mit neun Mitvierzigern, die Frauen, Kinder zu Hause und schon so einiges erlebt haben.
Tracklist „The End, So Far“:
1. Adderall
2. The Dying Song (Time To Sing)
3. The Chapeltown Rag
4. Yen
5. Hivemind
6. Warranty
7. Medicine For The Dead
8. Acidic
9. Heirloom
10. H377
11. De Sade
12. Finale
Gesamtspielzeit: 57:31