Eigentlich war ja angedacht an diesem Mittwochabend nur privat die Wiener Stadthalle aufzusuchen, doch da der Kollege, der den Live-Report von den Bostonern Punkrockern DROPKICK MURPHYS machen sollte, kurzfristig ausfiel, war ich dann doch irgendwie für Earshot.at vor Ort. Die Sets von JESSE AHREN und den Australiern von THE RUMJACKS fielen leider einem zu langen Arbeitstag zum Opfer. Den Erzählungen von Anwesenden zufolge lieferten aber beide eine mehr als solide Show ab, und so trafen wir erst knapp vor der Stagetime der kalifornischen Melodic Hardcore Punk Rockern PENNYWISE im der Stadthalle ein.
Schnell noch ein Bier organisiert und unseren Sitzplatz gesucht – ja ab einem gewissen Alter mag man sich sowas schon gönnen, vorallem in der Stadthalle – und da war das Quartett auch schon auf auf der Bühne. Und wie man von ihnen gewohnt ist, wurde da auch nicht lange rumgefackelt, sondern mit „Fight Till You Die“ gaben die seit 1988 ihr Unwesen treibenden, inzwischen gesetzten Herrschaften gleich ordentlich Stoff. Der Vorteil eines Support Slots ist, man kann sich aussuchen mit welchen Hits man der Halle ordentlich einheizt, der Nachteil: so mancher Song wird dann aus Zeitgründen von den Fans schmerzlich vermisst werden. Und so gab es mit „My Own Way“, „Same Old Story” oder “Society” erstmal Hit um Hit. Bevor PENNYWISE dann ein BAD RELIGION Cover einschob, und dem jungen Publikum eine kurze Lehrstunde in Sachen Westcoast Hardcore und Punk zu geben.
Die Kommunikation mit dem Publikum überließ Fronter Jim Lindberg überwiegend, dem hünenhaften Gitarristen Fletcher Dragge, und dieser pries den Einfluss der schon erwähnten Mannen rund um Greg Gaffin, sowie von Keith Morris, der sowohl mit BLACK FLAG als auch den CIRCLE JERKS die Hardcoreszene der 80er mitprägte, oder auch den DESCENDENTS, als die Zutaten für den Sound von PENNYWISE. Und dann folgte natürlich, wie kann es auch anders sein, „Pennywise“, und das unvermeidbare „Fuck Authority“ folgte quasi Gewehr bei Fuss. Mit einem weiteren Cover, nämlich „Stand By Me“ gönnten die Herrschaften dem Publikum, das nach anfänglichen Zögern inzwischen doch ordentlich in Bewegung geraten ist, eine kurze Pause vor dem Finale. Seit dem Tod ihres Bassisten Mitte der 90er stellt dies bei jeder PENNYWISE Show,das ihm gewidmete „Bro Hymn“ dar, und auch diesmal war das ein Gänsehaut-Moment mit Ansage, denn wenn mehrere Tausend Münder „Woah woah woah woah! Woah woah woah woah!“ gröhlen, läuft schon der eine oder andere Schauer über den Rücken. Und PENNYWISE hatten mit dem knackigen wie kurzweiligen Set, das für die Stadthalle auch durchwegs mit gutem Sound zu überzeugen wusste, ihre Rolle als Einheizer für die nun folgenden DROPKICK MURPHYS mehr als anständig erfüllt.
Setlist PENNYWISE:
Fight Till You Die
My Own Country
My Own Way
Violence Never Ending
Same Old Story
Society
Do What You Want (BAD RELIGION Cover)
Pennywise
Fuck Authority
Stand by Me (BEN E. KING Cover)
Bro Hymn
Nicht nur sind aus bekannten Gründen einige Jahre ins Land gezogen, seit die Bostoner das letzte Mal in Wien waren, sondern man hat in der Zwischenzeit mit „Turn Up That Dial“ und dem akustischen „This Machine Still Kills Fascists” zwei Alben veröffentlich. Auch befindet sich Sänger Al Barr auf Band Hiatus, weil er sich um seine kranke Mutter kümmert, und so ist momentan Ex-Bassist Ken Casey alleiniger Frontmann der MURPHYS, aber dazu später mehr.
Auf der Bühne wurde in der fast 45min Umbaupause nicht nur für die siebenköpfige Liveband Platz geschaffen, sondern auch mit Kerzen und Kreuzen, fast stereotypisch für die irischen Wurzeln der Band, dekoriert. Noch kurzem Intro stürmten die Herrschaften, mit sichtbar guter Laune, auf die Bühne und legten los. Unter den ersten Songs durfte das obligatorische „The Boys Are Back“ natürlich nicht fehlen, das Publikum der Wiener Stadthalle hatte der nunmehrige Solo-Fronter Ken Casey mit seinen Ausflügen an die erste Reihen alsbald in der Hand, und die Crowd kam gut in Bewegung. Trotzdem seine Stimme viel zu leise aus den Boxen kam, denn leider schien man hinter dem Mischpult den Lautstärke-Regler für Casey’s Mikro nicht finden zu können, und dies sollte sich den restlichen Abend auch nicht mehr ändern.
Mit „Ten Times More“, „Two 6’s Upside Down” und dem Titeltrack “Turn Up That Dial” gab es dann gleich ein Triple an neuem Material, das sich perfekt in das Live-Set der DROPKICK MURPHYS einfügten. Doch, wie sollte es auch anders sein, wurden natürlich Hits wie „The State of Massachusetts“ besonders von den Anwesenden abgefeiert, und der eine oder andere ansehnliche Circle Pit wurde vom Zaun gerissen.
Ein kleines Highlight wäre dann das akustische Double aus „Skinhead On The MBTA“, von ihrem Debüt „Do Or Die“, das nicht nur wegen den Oi!, Oi! Oi! Gangshouts auf ihre Streetpunkwurzeln verweist, und „The Last One“ gewesen. Dass die Band es aber nicht für erwähnenswert fand, dass die meisten Lyrics von den Songs des neuen Albums aus der Feder von WOODY GUTHRIE stammen, alleine schon um dem mehrheitlich doch jungen Publikum den legendären Musiker und Antifaschisten nicht vorzuenthalten, hatte dann doch einen schalen Beigeschmack, gerade weil es sich bei den MURPHYS an sich um eine politisch gefestigte wie äußerst sympathische Truppe handelt. Auch muss man leider anmerken, dass aufgrund der Konzertlänge, auch ob der doch bestehenden Ähnlichkeit vieler Songs, Al Barr als erster/zweiter Sänger durchaus fehlt, da das Zwiegespräch der Vocals doch viel mehr Abwechslung in die Songs bringt als gedacht.
Mit einem wuchtigen Block aus „The Warrior Code“, „Going Out In Style“ und das durch Martin Scorcese’s oscargekrönte Remake des Hongkong Kino Klassikers „The Departed“ veredelte „I’m Shipping Up To Boston“ beendeten sie das reguläre Set. Aber nur um wenige Sekunden später, auf eine komplett in rot getauchte Bühne zurückzukehren und „Rose Tattoo“ zum Besten zu geben. Für „Worker’s Song“ holte man sich dann noch JESSE AHREN als Verstärkung, bevor man mit „Kiss Me, I’m Shitfaced“ ein äußert zufriedenes wie gut durchgeschwitztes Publikum in die stürmische Wiener Nacht entließ.
Setlist DROPKICK MURPHYS
The Lonesome Boatman (THE FUREYS Cover)
Famous For Nothing
The Boys Are Back
Blood
Johnny, I Hardly Knew Ya
Middle Finger
Ten Times More
Two 6’s Upside Down
Turn Up That Dial
God Willing
Barroom Hero
The State Of Massachusetts
Queen Of Suffolk County
Mick Jones Nicked My Pudding
The Last One
Skinhead On The MBTA (Acoustic)
Good Ss Gold
The Warrior’s Code
Smash Shit Up
Going Out In Style
I’m Shipping Up To Boston
–
Rose Tattoo
Worker’s Song (with Jesse Ahern)
Kiss Me, I’m Shitfaced
Alles in allem ein kurzweiliger und unterhaltsamer Konzertabend bei dem die DROPKICK MURPHYS trotz der kleinen erwähnten Mankos, wieder einmal ihre besonderen Livequalitäten unter Beweis stellten.