40 Jahre Livekonzerte… das ist schon mal eine fette Benchmark, die sich nicht allzu viele Bands auf den Deckel schreiben können. Das dachte sich wohl auch W.A.S.P.-Frontmähne Blackie Lawless und packte Zirkuszelt und seine Artisten ein, um auf Welttournee zu gehen. Wie es öfter so vorkommt (gefühlt bei jeder größeren Band), machte der Zirkus nicht in Österreich halt, aber vom Wiener Speckgürtel aus war der näheste Tourstopp im tschechischen Brno (Brünn) gemütlich unter zwei Stunden Autofahrt zu erreichen. Also den Montagnachmittag freigeschaufelt, Homeoffice machts möglich, und auf gen Norden!
Einige Tage vor dem Termin in Brno gab es dann einen derben Rückschlag. Blackie musste aufgrund eines Bandscheibenvorfalls in ärztliche Behandlung, Konzerte in Italien wurden abgesagt. Die Ärzte rieten dem doch nicht mehr allzu frischen Zirkusdirektor, die Tour abzubrechen und daheim in Reha zu gehen. Das wollte der Frontmann nicht akzeptieren: „My intention is to finish this tour, come hell or high water!”. Der Kompromiss mit den Ärzten lautete also, die restlichen Dates im Sitzen zu spielen.
Am Sono Centrum in Brno angekommen, durften wir erstmal über die ausgeflippte Architektur der Location staunen. Eine weiß getäfelte Betonkugel, eingeklemmt zwischen zwei Bürogebäuden. Im inneren mussten wir feststellen, dass der Konzertraum tatsächlich in diese Kugel integriert ist. Die drei Balkonreihen und die Kuppel weckten den Eindruck in einem Ufo zu sein, ausverkauft und vollgepackt mit meist schwarz gekleideten Aliens, im doch gehobenen Alter.
Auf der Bühne thronte bereits Blackie‘s ominöser Gebein-Mikroständer… und dahinter ein Barsessel. Die Backdrops waren einer alten Freakshow nachempfunden, garniert mit diversen Totenschädeln und Ketten. Mit einer obligatorischen halbstündlichen Rock-Star-Verspätung betraten dann W.A.S.P. die Bühne. Blackie Lawless schlurfte etwas gebeugt und setzte sich nach einmal Arme-Heben brav auf seinen Sitzplatz, den er dann auch bis zur Zugabe nicht mehr verließ.
Und dann brach ein Damm… gestartet wurde mit einem Vollgas-Medley aus “On Your Knees” , “The Flame”, “The Torture Never Stops” und “Inside the Electric Circus”, gefolgt von den zwei Überhits „L.O.V.E. Machine“ und „Wild Child“. Auf den Backdrops wurden Ausschnitte aus der Hochpase der Band gezeigt, mit viel Wein, Weib und Haar sowohl Sägeblättern.
Nach dem fulminanten Start wurde es etwas ruhiger, aber nicht minder großartig, mit einem Dreischlag vom Ausnahme-Konzeptalbum „The Crimson Idol“ von 1992: „The Idol“,“The Great Misconceptions of Me” und (meinem persönlichen Highlight) „Chainsaw Charlie (Murders in the New Morgue)“. Bassist Mike Duda und Gitarrist Doug Blair machten die Immobilität ihres Chefs ordentlich wett und seine Soli muss man auf jeden Fall hervorheben. Nach „Blind in Texas“ verabschiedete man sich dann in die Pause. „Was jetzt schon?!“ wird sich so mancher fragen… ja, aber man muss anmerken, dass die drei „Idol“ Nummern auf Platte schon je um die neun Minuten dauern, live wurden sie wohl eine Spur eingekürzt.
Auf den Video-Walls wurde nun eine Art Mini Doku gezeigt: Clips aus der Zeit, als W.A.S.P. auf der Liste der „Filthy Fifteen“ der PMRC (Parents Music Resource Center) rund um Tipper Gore standen (aus der Zeit kommt auch der Parental Advisory-Aufkleber), liefen und endeten mit dem Schriftzug „I F*CK LIKE A BEAST“ und mit dem entsprechenden Song begann die Zugabe. Blackie hielt auch noch eine kurze Ansprache über die Umstände seiner sitzenden Haltung, dankte den Fans und entließ sie dann mit „The Real Me“ und dem Klassiker „I Wanna Be Somebody“ in die Nacht.
SETLIST W.A.S.P.:
Medley: On Your Knees / The Flame / The Torture Never Stops / Inside the Electric Circus
L.O.V.E. Machine
Wild Child
The Idol
The Great Misconceptions Of Me
Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)
BlindIin Texas
–
Animal (F*ck Like a Beast)
The Real Me(The Who cover)
I Wanna Be Somebody
W.A.S.P. lieferten trotz der widrigen Umstände eine sehr kurzweilige Show ab, die ewigen Unkenrufe, dass immer wieder Playback im Spiel ist, mögen wohl wahr sein, tun aber der Show keinen Abbruch. So kann man getrost auch unter W.A.S.P. noch einen Haken setzen, bevor sich auch diese Herrschaften in den Ruhestand verabschieden. Und Brno wird auf jeden Fall mit aufs Konzert-Radar genommen.