DEEP PURPLE - Bananas
DEEP PURPLE
Bananas
(Hard Rock)

 


Label: EMI
Format: (LP)

Release: 2003


Ende der Sechziger hoben DEEP PURPLE die Musikwelt aus den Angeln – eine Band, die stets ein Beispiel dafür war, dass weder Provokation, noch Talent und Glück auf die Dauer ausreichen, um Erfolg zu haben, war geboren. Noch wichtiger waren – zumindest in diesem Beispiel – Beharrungsvermögen und Unbeirrbarkeit, auch wenn man hin und wieder von vorne anfangen musste.

Fünf großartige Individualisten – schon seit Jahren in verschiedenen mehr oder minder erfolgreichen Bands aktiv – gründeten beinahe im Alleingang das Hardrockgenre: Jon Lord (Keys) und Ritchie Blackmore (Gitarre), zwei Musiker mit Leib und Seele und die kreativ-treibende Kraft DEEP PURPLEs, sowie Rod Evans (Vocals), welcher später durch Ian Gillan und kurrzeitig auch durch David Coverdale ersetzt wurde, Nick Simper (Bass) und Ian Paice (Drums). Gleich mit dem auf der Debüt-LP „Shades Of Deep Purple“ vertetenen Singleauskopplung „Hush“ gelang ihnen der erste Überraschungshit, was unweigerlich zu massiven, internen Druck führte – einerseits war man fortan nicht nur permanent unter miserablen Bedingungen auf Tour, sondern auch unter Zwang, die Qualität des ersten Longplayers zu toppen. Dieser Druck uferte 1970 in der Trennung von Rod Evans und Nick Simper aus, welche sowohl menschlich als auch musikalisch nicht mehr zur restlichen Band passen konnten oder auch wollten – verpflichtet wurden Roger Glover am Viersaiter sowie der langmähnige, ausdrucksstarke Hüne Ian Gillan, welcher fortan für den stimmgewaltigen Charakter DEEP PURPLEs verantworlich war. Insbesondere zweiterer offenbarte sich als Glücksgriff, gab er immerhin mit seinem beeindruckenden Äußeren sowie aggressiv-treffsicheren Organ einen prächtigen Frontmann ab.

Diese Ära war demzufolge auch die erfolgreichste in der bis heute andauernden DEEP PURPLE-Historie – mit „Concerto For Group And Orchestra“ sowie „In Rock“ erschienen 1970 nicht nur zwei Meilensteine der Rockgeschichte, sondern vielmehr ein auf Platte gebanntes kreatives Spannungsfeld zwischen Jon Lord und Ritchie Blackmore, Meisterwerke wie „Fireball“, „Machine Head“ und „Smoke On The Water“ allein sprechen für sich.
1976 war Schluss mit der Herrlichkeit, und dabei hätte es für viele ehemalige Anhänger wohl auch bleiben sollen, denn mancherorts gelten sämtliche Veröffentlichungen seit der Wiedervereinigung 1984 nur noch als Massenware, jedes Album als eine weitere Demontage der Legende – und „Bananas“ könnte hierbei den traurigen Höhepunkt des Ausverkaufs darstellen, vor dem sogar Jon Lord (wie auch Ritchie Blackmore davor) das Weite gesucht hat.

Mal abgesehen von dem selten dämlichen Titel ist „Bananas“ ein ungemein vielseitiges Album geworden, schließt zwar vielleicht nahtlos an „Abandon“ (1998), kann aber definitiv auch nicht mit den Frühwerken der Band mithalten – im Detail:
Auf „House Of Pain“ beweist Gillan gleich von Beginn an, dass seine Stimme immer noch eine der besten im Business ist, auch wenn sie mittlerweile viel von ihrem Charme eingebüßt hat – dafür kann aber Neuzugang Don Airey überraschen, erinnert er immerhin deutlich an Jon Lord persönlich. Auch die nachfolgenden Nummern überraschen mit unerwarteten Qualitäten seitens Airey, auch wenn er sich für mich persönlich nicht wirklich als ein vollwärtiges DEEP PURPLE-Mitglied etablieren kann. „Haunted“ ist mir persönlich für DEEP PURPLE-Verhältnisse zu kommerziell, und auch „Razzle Dazzle“ weiß irgendwie selbst nach mehreren Durchläufen nicht wirklich zu zünden.

„Silver Tongue“ präsentiert sich als eine starke Heavy Nummer, aber auch wenn Blackmore-Ersatz Morse hierbei auf „Bananas“ seine beste Leistung bietet: An seinen Vorgänger reicht er einfach nicht heran. Auch „I’ve Got A Number“ beeindruckt durch fantastisches Gitarrenspiel – vor allem im Solobereich – aber auch hier gilt: Hat man von DEEP PURPLE bereits besser gehört, zwar schon lange nicht mehr, aber die glorreichen Zeiten sind eindeutig vorbei.

„Never A Word“ und der Titeltrack präsentieren sich als die insgesamt besten Stücke des Albums, wobei ersterer durch eine unglaubliche gefühlvolle Ausstrahlung überzeugen kann, und zweiterer durch eine sehr gute Zusammenarbeit sämtlicher Musiker und einem gewaltigen Rhythmus lebt.
„Doing It Tonight“ sticht im Gegensatz dazu eher negativ hervor, bei allem Wunsch nach Moderne und Artenvielfalt – Rap passt zu DEEP PURPLE auch Anno 2003 nicht, auch wenn hier wiederum die Soloarbeit hervorragend ist.

Mit „Walk On“ hat man eine überaus eingängige Nummer auf „Bananas“ platziert, wirkt aber für meinen Geschmack etwas zu platt, uninspiriert und schnell abgenützt. „Pictures Of Innocence“ hingegen ist schlichtweg eine gute Nummer, vor allem anbetrachts der Leistungen von Gillan. Den Abschluss bildet „Contact Lost“, ein gefühlvolles Morse-Instrumental, welches ein wenig an das Album „Stressfest“ erinnert.

Kurzum: Die Siebziger sind vorbei, und auch wenn es als nicht angebracht erscheinen mag, eine Band nach 35 Jahren an ihren Klassikern zu messen (zumal wenn vom Original-Line-Up außer Paice kein Mitglied mehr übrig geblieben ist), ist „Bananas“ für (frühe) DEEP PURPLE-Verhältnisse schwach geraten. Obwohl: Lord-Nachfolger Airey hat den Sound der Band zumindest nicht so gravierend verändert, wie Morse vor einigen Jahren – und mal ehrlich: Heute klingen DEEP PURPLE wieder einen Tick besser, als in den Neunzigern. „Bananas“ ist ungefähr so experimentierfreudig wie „Fireball“, beinhaltet einige starke Balladen und ordentliche, teilweise progressive Rocker – und erstmals wagen sich die Altrocker in die Welt von weiblichen Background-Gesängen in harmonischer Vereinigung mit Streicher-Arrangements -, und auch wenn es eindeutig nach (neueren) DEEP PURPLE klingt, so ist das anfängliche Feuer auch mit dem neuen Album erloschen geblieben.

Legenden zu bewerten fällt immer schwer, aber angesichts des Kultcharakters der Band, welche neben BLACK SABBATH und LED ZEPPELIN wohl zu den wichtigsten der Rockgeschichte zählt, kann man ruhig etwas strenger und engstirniger sein. Jedem Musiker für sich mag ich zu keinem Zeitpunkt seine individuelle Genialität absprechen, aber zusammen sollte man nicht mehr lange agieren.


Tracklist „Bananas“:
1. House Of Pain
2. Sun Goes Down
3. Haunted
4. Razzle Dazzle
5. Silver Tongue
6. Walk On
7. Picture Of Innocence
8. I Got Your Number
9. Never A Word
10. Bananas
11. Doing It Tonight
12. Contact Lost
Gesamtspielzeit: 51:32


www.deeppurple.com

 

DEEP PURPLE - Bananas
DEEP PURPLE – Bananas
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