Black Metal: Evolution Of The Cult
(Buch)
Verlag: Index Verlag
Format: (Buch)
Release: 2017
Black Metal – ein Phänomen wie kein anderes in der Metal Szene. Kein anderes Genre hat sowohl mit der Musik als auch abseits davon für so viel Aufsehen gesorgt. Dank „Black Metal: Evolution Of The Cult“ vom Dayal Patterson kann nun jeder Fan dieses Stils, oder einfach interessierte Musikliebhaber, so tief wie noch nie in die Geschichte des Genres und auch deren Protagonisten, Legenden und Kultpersonen sowie Bands eintauchen.
Dayal Patterson ist dafür auch offensichtlich der richtige Mann für ein so umfangreiches Unternehmen. Als Fan, Journalist und Fotograf kennt er die Szene und deren Helden bestens, schrieb schon für diverse hochrangige Magazine und traf so ziemlich alle wichtigen Personen aus dem Black Metal persönlich. Hier fasst aber der Brite nicht nur seine eigenen Eindrücke und Erfahrungen zusammen, sondern gräbt ganz tief und holt sowohl bekannte Geschichte, Mythen und Gerüchte hervor und behandelt diese professionell, sachlich und dennoch mehr als spannend.
Über die Anfänge mit VENOM, die zum ersten Mal „Black Metal“ mit ihrem Debüt in den Mund nahmen, über BATHORY, HELLHAMMER und CELTIC FROST bis hin zu den ersten Großen der sogenannten zweiten Welle mit MAYHEM, ROTTING CHRIST, BLASPHEMY, ENSLAVED und SAMAEL und natürlich weiter bis hin zu DIMMU BORGIR und CRADLE OF FILTH, die Black Metal massentauglich machten.
– „…ein paar Songs schreiben, Feuerwerk abfackeln, an Bühnenbilder feilen und sich bescheuerte Namen ausdenken“ – Cronos über die Anfänge von VENOM
Aber Dayal geht noch viel weiter und verrät in Gesprächen mit verschiedensten Musikern warum es ohne Bands wie JUDAS PRIEST, COVEN, BLACK SABBATH, MERCYFUL FATE oder auch SLAYER und KREATOR den Stil in der Form wie er heute existiert, wahrscheinlich gar nicht gebe. Lange fristeten alle bewusst ihr Dasein im Untergrund, tauschten sich aber weltweit mit Tapes und Briefen aus, so dass quasi jede Band Anfang der 90er die andere kannte. Dreh und Angelpunkt war jedoch der Norweger Euronymous von MAYHEM, der in seinem kleinen Plattenladen alles versammelte was Rang und Namen hatte und dort auch Ratschläge gab und auf gewisse Weise die Geschicke vieler mitlenkte. Dementsprechend sind die Kapitel über die bewegte Geschichte von MAYHEM auch relativ lange, während viele andere Bands quasi eine Kurzbiografie erfahren, bei denen die Musiker stets selbst zu Wort kommen dürfen.
– „Ich glaube an einen gehörnten Teufel, einen personifizierten Satan“ – Euronymous im Fanzine Kill Yourself
So kommen auch die Schattenseiten zum Tragen. Satanismus in verschiedensten Formen, teils inspiriert durch die Church Of Satan, Selbstverstümmelung, Suizid, Massensuizid, Sekten, Mord und Inhaftierungen waren damals keine Seltenheit. Viele norwegische Musiker beteiligten sich an Verbrennungen von Kirchen und fristeten ihr Dasein daher einige Jahre im Gefängnis. Aber auch psychische Erkrankungen trugen oftmals zum Sound, Texten und Auftritt vieler Bands bei, so litten beispielsweise Mitglieder von diversen Bands an klinischen Depressionen und diversen anderen Krankheiten, die ihre Musik definitiv prägte. Das bekannteste Beispiel ist wohl MAYHEM-Sänger Dead, der schon vor dem ersten Album Suizid begann, was Euronymous auf Kamera festhielt und sogar Teile des Schädelknochens sammelte und verschickte. Auch die Geschichten von Varg Vikernes und Gaahl werden hier sachlich und informativ nochmal aufgerollt. Viele Musiker gaben sich dabei auch überraschend ehrlich und redewillig.
– „Dieses Album ist Gaahl, Gaahl alleine gewidmet. Harret und hört die finsteren Worte und göttlichen Gedichte des Philosophen Gaahl“ – Text auf der Hülle von TRELLDOMs „Til Evighet…“
Abgesehen davon macht Dayal aber auch Abstecher nach Griechenland (ROTTING CHRIST), in die Schweiz (SAMAEL), Brasilien (VULCANO) oder POLEN (BEHEMOTH, GRAVEYARD). Letzters ist ein heikles aber nicht unwichtiges Thema, denn GRAVEYARD wurden immer mal wieder dem NSBM (Nationalsozialistischen Black Metal) zugeschrieben, wozu sich die Band hier auch äußern konnte und man auch in diesen Bereich einen Einblick bekommt.
– „Ich glaube, dass Dead Geisteskrank ist. Wie sonst soll man jemanden nennen, der sich weigert zu essen, um krank zu werden und ein T-Shirt mit der Ansage einer Grabrede trägt? So einen Kerl wollte ich schon immer in der Band!“ – Euronymous über seinen Sänger Dead
Ich könnte nun noch zahlreiche weitere Seiten verfassen, denn „Black Metal – Evolution Of The Cult“ zeigt alle Facetten des Genres auf, geht in die Tiefe, wird selten langatmig und kann wahrscheinlich jeden noch so eingefleischten Genrefan überraschen. Gekonnt recherchiert, mit der richtigen Herangehensweise und durchwegs unterhaltsam bzw. spannend schreibt der Brite hier alles wichtige zum Genre. Abstriche gibt es aufgrund zahlreicher Schreib- bzw. Übersetzungsfehler. Wem das nicht reicht, der kann noch zu weiteren Ausgaben greifen, die bereits erschienen sind, da Patterson sein schon über 600 Seiten schweres Werk kürzen musste und somit diversen wichtigen Bands in den anderen Veröffentlichungen noch Raum gibt. Ein Must-have für Genrefans, aber auch interessierte Musik-Liebhaber.
„Black Metal: Evolution Of The Cult“:
Seiten: 600
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