Gerade noch dachten wir beim SBÄM Fest, dass die Tabakfabrik in Linz als Location durchaus mit der Wiener Arena mithalten könnte, sofern man hier in Zukunft regelmäßiger Konzerte veranstalten würde. Und da fanden wir raus, dass just zwei Wochen nach dem Fest auch schon mit den amerikanischen Punk/Ska Überfliegern von THE INTERRUPTERS, auch schon was ansteht.
Den Anfang machten in der ausverkauften Halle, die durchaus eine ansehnliche Zuschauerzahl zu fassen vermag, die Briten von THE BAR STOOL PREACHERS, die Szene-Freunden durchaus ein Begriff sein sollten. Die Jungs, die sich mit der Pub-Culture in Britannien durchaus auskennen brachten auch sogleich die Reihen mit ihrer energischen Version des Ska in Bewegung. Allen voran heizte Front-Prediger TJ McFaull mit seinem starken Londoner Akzent die immer dichter werdende Masse an Fans vor der Bühne, die wieder komplett ohne Absperrungen auskam und so wieder ein sehr intimes Verhältnis offerierte, gekonnt an. Apropos Akzent; Mit seinen Ansagen versprühte er nicht nur gute Laune, sondern hielt auch eine Ansprache darüber, wie hart das Leben sei und das wir jetzt erst recht richtig zusammenhalten sollten. Sehr sympathisch, aber als der motivierte und agile Fronter bei einer weiteren, ausschweifenden Ansage fragte, ob wir ihn verstehen, fragte ich mich, ob er das ernsthaft fragte, da ich und meine Begleitung in diesem Moment kein Wort verstanden von dem Brit-Kauderwelsch, was aber irgendwie für Schmunzler sorgte.
Geboten wurden Ska-Songs miT viel Drive, Trinklaune und vor allem Energie. Die Jungs wissen, wie man eine Show zu führen hat. Aber mit Hitkandidaten wie „Force Fed“ oder „Trickledown“ ist das sowieso keine Überraschung. Auch optisch waren die Prediger cool drauf. Von Old-School Punk-Style, über einen TJ, der im Casual-Outfit über die Bühne tanzte, ausschaut bis hin zum Nadelstreif-Anzug bzw. altbackenen Tweet Anzug war eigentlich alles dabei. Es wurde gerockt, gefeiert, aber auch melodische Keyboards und coole Melodien wurden rausgeballert. Doch das Konzert neigte sich schnell dem Ende und mit der Ansage „It’s your last chance to dance!“, zur Bandhymne „Bar Stool Pracher“, was aber vielmehr wie „It’s r last tschaans do dans!“, klang befeuerte man die Stimmung nochmal immens, denn das Publikum begann in fetten Chören den Refrain mitzuschmettern. Da brachten uns die BAR STOOL PREACHER, aber auch sich selbst, gerade nach den 30 Minuten auf Betriebstemperatur und dann war auch schon wieder Schluss. Bei nur einer Vorband, hätte man den Briten durchaus noch etwas mehr Zeit lassen können, vor allem weil die Fans nochmal zu singen anfingen, als die Preachers auf die Bühne zurückkehrten, aber nicht für eine Zugabe, sondern um ihr Equipment selbst abzuräumen.
Aber gut, was ich noch nicht wusste, war, dass man für THE INTERRUPTERS jede Kraftreserve noch brauchte. Dementsprechend war es doch gut, sich noch nicht so verausgaben zu können. Denn, was die Kalifornier, geführt von Power-Frau Aimee Allen hier abfeuerten, war nicht von diesem Planten. Mit „Take Back The Power“, dass teilweise schon von den Zuschauern alleine geträllert wurde, setzten Aimee, die drei Bivona Brüder und der Live-Keyboarder (und Trompeter) auch gleich ein fettes Ausrufezeichen. Die Songs waren live noch energischer und heftiger als auf den vier bisher veröffentlichten Alben. In den elf Jahren, die die Truppe nun schon zusammenspielt, bildete sich eine unglaubliche Einheit, die wie ein Orkan durch die Tabakfabrik fegte. Aimee grinste von Ohr zu Ohr, wenn sie nicht gerade mit ihrer Rockröhre Hits und Hymnen am laufenden Band schmetterte, die beiden Brüder an Bass und Gitarre wirbelten über die Bretter und schwitzten ebenso Sturzbäche wie die Zuschauer und strahlten pure Energie sowie Lebensfreude aus. Man spürte sofort, dass diese Band einfach genau für solche Momente lebt, und die Fans dankten es ihnen mit Chören, Moshpits, Jubel und lautstarken Applaus.
Von Anfang an ging es Schlag auf Schlag. „Title Holder“ strotzte nur so vor Kraft und motivierte sowohl musikalisch als auch lyrisch, „Judge Not“ brachte die Reihen dann mit smoothen Ska-Rhythmen zum Tanzen, ehe Kevin die Band vorstellte und seinen Brüdern fiese Meldungen zuschob und sich selbst als besten, hübschesten und talentiertesten der Musiker bezeichnete, aber natürlich nicht ohne ein Augenzwinkern. Zwischendurch ergriff dieser auch das Micro für die Lead Vocals zu „The Valley“, eine Ode an ihre Heimat bzw. auch etwas an Linz, damit Aimee die Lederjacke ausziehen konnte. Das aus gutem Grund, denn die Halle war mittlerweile ein Backofen und die Fronterin konnte oder wollte keine Sekunde ruhig stehen. Da gerade eine Woche zuvor mit „In The Wild“ ein neues Album erschien, wollten der neue Überhit „In The Mirror“, das rock’n’rollige „Raised By Wolves“ sowie das für depressive Menschen geschriebene „Jailbird“, die genauso abgefeiert wurden, wie das alte Material, präsentiert werden.
Es folgte ein kurzes Medley, bei dem so manch Punk-Classic von Epitaph Records sowie BAD RELIGION’s „Sorrow“ in voller Länge abgefeuert wurden, irgendwann flogen ein Haufen Wasserbälle über das Publikum und die Party eskalierte immer mehr. Dennoch wurde wohl in dem wilden Moshpit keiner verletzt und man schaute aufeinander. Nach 75 Minuten purer Energie von einer Band die – man verzeiehe mir die Ausdrucksweise – „Dedicated as fuck“ wirkte, beendete man das Set mit dem weiteren Hit „Kerosin“. Zwar brüllt Aimee hier immer wieder „I’ve been burned for the last time”, doch zu diesem Zeitpunkt waren sowohl Band aus als auch Fans mehr als „on fire!“.
Setlist THE INTERRUPTERS:
Take Back The Power
Title Holder
Judge Not
On a Turntable
She Got Arrested
In The Mirror
Raised By Wolves
The Valley
Got Each Other
As We LiveEasy On You
Jailbird
A Friend Like Me
By My Side
Sorrow (BAD RELIGION)
Gave You Everything
As We Live
Family
She’s Kerosene
Was für ein Ritt! THE INTERRUPTERS sind live nochmal um ein gutes Stück härter, energischer und spielfreudiger als auf ihren Alben und ich habe selten eine so motivierte Band gesehen, die mit jeder Faser zu jeder Sekunde auf der Bühne lebt und liebt, was sie tut.
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